Der deutsche linke Antisemitismus

1973: „Der Konflikt im Nahen Osten kann nicht anders gelöst werden als durch die Zerschlagung, des Zionistischen Staates“ (AK)
1974: Israel – „die blutrünstige und machtgierige Bastion gegen die Völker“ (Roter Morgen (KPD/ML), 23.11.1974)
1989: Der Zionismus –„der Feind aller Menschen“ (Autonome Nahostgruppe Hamburg,2)
1992: „Sieg im Volkskrieg“; Israel muss weg! (Interim,6)
06.03.2010: „ Es gibt keinen linken Antisemitismus.“ (Freitags-Publizist Uwe Theel)

Am 08.01.2009 fordern Sahra Wagenknecht, Ellen Brombacher und andere Linksparteimitglieder das Ende der israelischen Aggression und einen gerechten Frieden im Nahen Osten: „Im Gaza-Streifen herrschen Tod, Qual und Angst. Die durch nichts zu rechtfertigende Aggression der israelischen Armee, die Blockade-Haltung der USA im UN-Sicherheitsrat, die die israelischen Kriegshandlungen tolerierende EU und auch die faktische Gleichgültigkeit der Herrschenden in den meisten arabischen Staaten zeichnen verantwortlich für das unvorstellbare Grauen. […] Nichts rechtfertigte und rechtfertigt die grausame Blockade gegen 1,5 Millionen Menschen, nichts rechtfertigt den mörderischen, schon jetzt mehr als siebenhundert Opfer und Tausende Verwundete fordernden Krieg. […]Unsere uneingeschränkte Solidarität gehört dem geschundenen palästinensischen Volk, der israelischen Friedensbewegung und den ungezählten Menschen in aller Welt, die das Ende der israelischen Aggression fordern. Fest an ihrer Seite, verlangen wir einen gerechten Frieden im Nahen Osten.“

Am 27. Januar 2010, 65 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz sprach Schimon Peres im Deutschen Bundestag. Sahra Wagenknecht verweigerte nach Peres Rede die stehenden Ovationen und begründete dies unter anderem damit, „weil dieser Staatsmann, selbst für Krieg verantwortlich ist.“ Sie verneige sich zwar vor den Opfern des Holocaust aber nicht vor dem „kriegsverantwortlichen“ Peres. Wenn Frau W. ihr Auftreten im Bundestag zu erklären versucht, ist der interessierte Beobachter, unangenehm an den „Leitspruch“: “Tote Juden sind gute Juden – lebende Juden sind böse Juden“ erinnert. Welchen Nah-Ost-Krieg meinte tatsächlich Sarah Wagenknecht? Den Arabisch-Israelischen Krieg 1948, den 6 Tage-Krieg 1968, den Yom-Kippur Krieg 1973 oder den Gaza Krieg 2009. Oder meinte Wagenknecht die Befreiung der jüdischen Geiseln in Entebbe 1976, die Oberstleutnant Jonathan Netanyahu (der Bruder des jetzigen Ministerpräsidenten), der an der Spitze der Aktion stand mit seinem Leben bezahlte. Der damalige Verteidigungsminister Schimon Peres gehörte zu den Hauptverantwortlichen für die damalige Befreiungsaktion. Falls Sarah Wagenknecht an den Gaza-Krieg dachte, ist Shimon Peres dann deshalb verantwortlich für den Gaza-Krieg, weil er Staatspräsident von Israel ist? Shimon Peres, sprach in Davos zum Gaza-Krieg, den er als richtig verteidigt und betonte Israel wolle Frieden und hätte nicht einseitig die Initiative aufgenommen sondern wurde vorher beschossen. Er richtete an Erdogan die Frage: „Was hätten Sie getan, wenn jeden Abend Raketen auf Istanbul niedergegangen wären“. Er betonte, die Schuld allein trägt die Hamas die Schulen und Kindergärten zu Kriegsschauplätzen machen würde. Haben Frau Wagenknecht diese Aussagen von Peres nicht zugesagt, war er deshalb verantwortlich für den Gaza-Krieg? Der Linksparteiabgeordnete Lederer kritisierte Wagenknecht scharf für ihr Verhalten. Der NPD Landtagsabgeordnete Gansel lobte hingegen Frau Wagenknecht. Wem steht Frau Wagenknecht außenpolitisch näher? Dem Nationalisten Gansel oder dem Sozialisten Lederer? Man müsste Frau Wagenknecht fragen: Welcher Staat, dieser Welt würde nicht auf die Kassam-Raketen reagieren? Wie hätte Israel reagieren sollen? Wäre es Einsatz verhältnismäßiger Mittel gewesen, wenn Israel mit selbstgebastelten Kassam-Raketen zurückgeschossen hätte? Oder hätte Israel Selbstmordattentäter auf einen belebten Markt in Gaza-Stadt schicken sollen?  Sind doppelte Standards in den Aussagen bezüglich der Israelkritik Wagenknechts zu erkennen? Gibt es eine Ungleichbehandlung des Staates Israel gegenüber anderen Staaten bei Wagenknecht?
Beide Fragen sind meines Erachtens eindeutig zu bejahen. Sind die Aussagen Wagenknechts, sekundärer oder struktureller Antisemitismus oder ist es Antizionismus? Ist ihr Antizionismus mit dem Flugblatt des Antisemiten Möllemann vergleichbar? Diese Fragen sollten die Links-Parteifreunde mit Frau W. diskutieren.  Im Spanischen Bürgerkrieg war der Kampfruf der Falangisten „Viva la Muerte“ (Es lebe der Tod). Der spanische Philosoph Unamuno nannte diese Haltung im Jahre 1936 Nekrophilie. Eindeutig gilt Erich Fromm der Ruf „Es lebe der Tod!“ als Hinweis auf und Ausdruck für den nekrophilen Charakter, der von allem Toten, Unlebendigen fasziniert ist. Wenn im Jahre 2010 die Hamas ruft:“ Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod“, würde Fromm sehr wahrscheinlich Vergleichbares diagnostizieren.

Linker Antisemitismus“ und Judenhass ist ebenso, sehr leicht nach dem Angriff, am 31.5.2010, der israelischen Spezialeinheit auf  die sogenannte Gaza „Solidaritätsflotte“ und den Toten auf der „Mavi Marmara“ zu diagnostizieren.  Die selbst ernannten Kämpfer für Menschenrechte pochten und pochen auf ihr „legitimes“ Recht, Israel zu kritisieren, und tarnen ihren Antisemitismus, indem sie sich als Kämpfer für Frieden, Fortschritt und Gerechtigkeit gerieren. „Ich habe nichts gegen Juden, einige meiner besten Freunde sind Juden.“ Mit diesem Satz verriet sich, in den ersten Jahrzehnten nach Auschwitz, der deutsche Antisemit. In der aktuellen Form funktioniert dieser Satz so: „Man wird ja wohl noch Kritik an Israel üben dürfen, ohne gleich als Antisemit zu gelten.“ Wer genau liest, erkennt zwischen den Zeilen, dass da eine Macht ist, jeden zu strafen, der etwas gegen Israel sagt. Diese Macht dürfte, nach Ansicht dieser Antisemiten,  die jüdische Lobby sein, oder das Weltjudentum mit seinen Agenten. Unter den Teilnehmern der „Free-Gaza-Solidaritätsflotte“ waren die deutschen Linkspartei-Parlamentarier Paech, Höger und Groth und islamfaschistische Djihadisten, die sich bereits in der Türkei von ihren Familien verabschiedeten, da sie als Selbstmordattentäter in ihr Paradies einkehren wollten. Paech, Höger und Groth haben die sich de facto als Kombattanten der Hamas betätigt. Die nachfolgende einseitige Diskussion in den Medien war ebenso abstoßend wie das Verhalten von Paech und Co. Einige linke Medien bilden die Speerspitze in diesem Kampf gegen Israel. Die islamistische Hamas strebt unverhüllt die Vernichtung Israels an und beweist dies eindrucksvoll, unter anderem, mit Raketenbeschuss und Selbstmordattentaten. Um „bessere“ Hamas-Raketen zu verhindern muss Israel den Weg nach Gaza kontrollieren. Wer Israel das verwehren möchte, spricht den dort lebenden Juden das universale Menschenrecht auf Selbstverteidigung ab, er oder sie will den „Tod des Juden.“

Die, angeblich linken, Friedensfreunde sind nicht in der Lage zu begreifen, dass Israel nicht Krieg führt wie imperialistische Staaten Krieg führen. Israel führt seine Kriege, nicht um Raum für ihr Volk ohne Raum, nicht um den Zugriff auf Rohstoffe oder um weltpolitische Bedeutung. Israel führt Krieg, um den Juden, also seiner Bevölkerung, endlich ein Leben in Sicherheit zu bieten. Israel versucht nicht, andere unter ihre Herrschaft zu zwingen oder zu ihrem Gott zu bekehren. Im Gegensatz dazu erklären die Feinde Israels im Nahen Osten ihren sehnlichsten Wunsch die Juden zu vernichten oder sie ins Meer zu treiben. „Die Fahne Allahs soll, laut der Hamas-Charta, über ganz Palästina wehen.“ Die „sogenannten friedlichen Lösungen“ der Palästinafrage, sagt die Charta der Hamas, stehen sämtlich im Widerspruch zu den Auffassungen der Islamischen Widerstandsbewegung. Denn auf irgendeinen Teil Palästinas zu verzichten bedeutet, auf einen Teil der Religion zu verzichten. Hätte die Hamas oder ein arabischer Nachbarstaat die Möglichkeit Israel zu vernichten, würde diese Möglichkeit sofort „genutzt“. Hätten die Juden vor dem zweiten Weltkrieg einen Staat und eine Armee gehabt, wäre der Holocaust so nicht möglich gewesen. Der Staat Israel ist ein Ort an dem Juden endlich frei von Angst vor Pogromen leben können. Solidarität mit den Palästinensern, spätestens nach 1990, bedeutet Solidarität mit den Gotteskriegern, mit der Hamas, mit der Hisbollah. Die Palästinenser haben sich verändert, von einer Bevölkerung  zu einem Volk, von einer säkularisierten Gesellschaft zum religiösen antisemitischen Mob. Von deutschen linken Friedensfreunden, sprich linken Antisemiten hörte und hört man immer wieder den Satz: “Ebenso wie den Israelis ist das deutsche Volk den arabischen Palästinensern verpflichtet!“

Wolfgang Pohrt schrieb seinerzeit zu identischem Schwachsinn: “Oder anders gesagt: Vormundschaft und Sorgerecht für das Opfer werden dem Täter zugesprochen. Mit den Verbrechen, die Deutschland an den Juden und an der Menschheit beging, hat es sich eigenem Selbstverständnis gemäß das Vorrecht, die Auszeichnung und die Ehre erworben, fortan besondere Verantwortung zu tragen. Der Massenmord an den Juden verpflichtete, so meint man, Deutschland dazu, Israel mit Lob und Tadel moralisch beizustehen, damit das Opfer nicht rückfällig werde. Zwei angezettelte Weltkriege böten, so meint man weiter, die besten Startbedingungen, wenn es um den ersten Platz unter der Weltfriedensrichtern und Weltfriedensstiftern geht, frei nach der jesuitischen Devise, das nur ein großer Sünder das Zeug zum großen Moralisten habe.“

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  1. #1 von skeptikerin am August 31, 2010 - 11:02

    Vadim Norzhich und Yosef Avrahami wurden im Oktober 2000 zu Beginn der Intifada ermordet, nachdem sie mit ihrem Wagen irrtümlich in die Westbank-Stadt Ramallah gefahren waren. Beide israelische Reservisten wurden verhaftet und dann von Palästinensern zu Tode geprügelt, nachdem diese die Polizeistation, in der die beiden festgehalten worden waren, gestürmt hatten. Weitere Infos unter: Lynchmord an IDF-Soldaten in Ramalla

    In Ramallah haben nicht nur einige palästinensische Sadisten zwei gefangene Israelis vestümmelt, die ganze Stadt stand jubelnd dabei, als eine der verstümmenden Leichen durch die Straßen gezogen wurde.

    Ich sehe es auch so: Die Palästinenser haben sich verändert und viele deutsche „Linke“ solidarisieren sich trotzdem mit diesen Gotteskriegern.

  2. #2 von Rita Schürling am August 31, 2010 - 15:23

    …Vormundschaft und Sorgerecht für das Opfer werden dem Täter zugesprochen. Mit den Verbrechen, die Deutschland an den Juden und an der Menschheit beging, hat es sich eigenem Selbstverständnis gemäß das Vorrecht, die Auszeichnung und die Ehre erworben, fortan besondere Verantwortung zu tragen….

    Danke für diesen Artikel. Hab ich sehr gerne gelesen.

  3. #3 von Niels Kieserling am August 31, 2010 - 15:44

    „Der Staat Israel ist ein Ort an dem Juden endlich frei von Angst vor Pogromen leben können.“ Die Solidarität der „Linken“ mit den Palästinensern ist mir seit langem ein Rätsel. Alles was Linke seit über hundert Jahren kritisieren, wie Frauenunterdrückung, religöser Wahnsinn, Mord, Folter, Führerprinzip, faschistoides Denken, Menschenverachtung usw. gehört zum Allgemeingut von Hamas und vergleichbaren Gotteskriegern. Viele Linke belügen sich selbst mit ihrer bedingungslosen Solidarität und ihrem bedingungslosen Hass auf Israel.

  4. #4 von Mathias Waldmann am September 1, 2010 - 05:41

    Muß man Wolfang Pohrt vor seinen Liebhabern und falschen Freunden in Schutz nehmen?
    Nein. muß man nicht – kann er selber.

    “ Der gegen Israel oder den Zionismus üblicherweise erhobene Vorwurf ist der, daß dieser Staat dort gegründet wurde, wo vorher andere Menschen lebten. Die Gründungsakte aller bisherigen Gemeinwesen aber waren keine der Gerechtigkeit, sondern stets solche der Gewalt. Sogar der Bilderbuchfrieden idyllischer Stämme und Völker, die einträchtig und in Harmonie mit den Nachbarn das Land der Väter nach alter Sitte bestellen, ist in der Regel ein Frieden, der auf dem ursprünglichen Gewaltakt der Landnahme und Vertreibung anderer beruht. Das von Nationen, Völkern, Stämmen untrennbare, weil logisch zwingend zu ihrem Begriff gehörende Recht, zwischen sich selbst und dem Fremden zu unterscheiden, und den Fremden als fremden Eindringling zu betrachten und zu verjagen, wenn er sich niederlassen will – dies Recht ist nur der legalisierte und kontinuierlich gewordene ursprüngliche Gewaltakt der Landnahme und Vertreibung.

    Kein Volk erhielt seinen Platz auf der Erde zugesprochen nach Maßgabe rechtmäßiger Besitzansprüche von überirdischen Instanz, sondern jedes Volk hat sich irgendwann in der Geschichte seinen Platz mit Gewalt genommen; nicht nur aus praktischen Gründen – weil es eine überirdische gerechte Verteilungsinstanz nicht gibt, – sondern viel mehr noch deshalb, weil es im emphatischen Sinn kein Exklusivrecht für Deutsche, Franzosen, Israelis geben kann, irgendein Fleckchen Erde ausschließlich zu besitzen, und weil es ein Unrecht ist, wenn auf irgendeinem Fleckchen Erde Menschen nicht leben dürfen, nur deshalb, weil sie Türken, Vietnamesen, Juden oder Palästinenser sind. Das Recht auf nationale Autonomie und staatliche Souveränität ist nur ein anderer Name für das Unrecht, Leute zu schikanieren, auszuweisen, abzuschieben mit der Begründung, daß sie den falschen Paß oder die falsche Geburtsurkunde besäßen, und dieses Unrecht ist keine Verfälschung der Nationalstaatsidee, sondern ihr – bisweilen durch die Toleranz einsichtiger Menschen freilich gemildertes – Wesen.

    Der Rechtsanspruch von Menschen, Völkern, Nationen auf ein Stück Erde ist nur ein anderer Name für den Anspruch, andere von diesem Stück Erde zu vertreiben. In jeder feierlichen Proklamation des Existenzrechts eines Volkes steckt die Drohung, das Existenzrecht diesem oder einem anderen Volk zu entziehen. In Wahrheit aber besitzt der Mensch ein Existenzrecht so wenig, wie er auch kein Recht, sich dort aufzuhalten, wo er gerade ist, oder kein Recht zu atmen, besitzt – ganz einfach deshalb, weil weder die bloße Existenz, noch das mit dieser Existenz verbundene Dasein auf einem Stück erde, noch das Atmen Dinge sind, welche unter die Rechtsverhältnisse fallen. Kein Mensch hat ein Recht darauf, an einem bestimmten ort zu leben, weil dieses bloße Dasein an irgendeinem Ort kein Unrecht sein kann und deshalb keiner Rechtfertigung bedarf. Nicht weil sie durch fleißige Arbeit ein Anwesenheitsrecht erworben haben, sondern weil sie da sind, müssen alle Türken in Deutschland bleiben dürfen. Nicht weil die Palästinenser ein Recht auf Palästina besaßen, sondern weil sie dort waren, war es ein Unrecht, daß sie von Israel vertrieben wurden.

    Das Schachspielen mit den Gebietsansprüchen haben die Linksradikalen deshalb früher den Machthabern überlassen, denn nicht die Bevölkerung stand für die Linksradikalen zur Disposition, sondern das Produktionsverhältnis, die Machtverhältnisse, die Regierung. Ein krieg zwischen zwei Bevölkerungsgruppen, deren beider Ziel es ist, die jeweils andere von einem Stück Land zu vertreiben, hätte eben deshalb die Linksradikalen theoretisch bestätigt und praktisch ratlos gemacht. Ein solcher Krieg, wie er zwischen Israel in der Rolle des vertriebenen Vertreibers und den Palästinensern in der Rolle der Vertriebenen seit Jahrzehnten geführt wird, hätte die Linksradikalen in ihrer Erkenntnis bestätigt, daß es für soziale Probleme keine nationale Lösung gibt, oder jedenfalls keine andere als endloses Blutvergießen. Dieser Krieg hätte die Linksradikalen gleichzeitig praktisch ratlos gemacht, denn er bietet keine Möglichkeit, Partei zu ergreifen, weil

    1. beide Parteien dasselbe wollen: den exklusiven Besitzanspruch auf ein und dasselbe Fleckchen Erde; die eigene Flagge, die eigene Armee, den eigenen Staat.

    2. die Entwicklung Israels nur noch einmal zeigt, daß jeder Nationalstaat, auch dann, wenn humanitär gesonnene Leute ihn aus lautersten Motiven und mit den besten Absichten gründen, dazu neigt, ein gefräßiges Ungeheuer zu werden.

    3. die schlimme Vergangenheit und Gegenwart Israels als Zukunftsprognose für einen Palästinenserstaat und als Warnung vor ihm begriffen werden muß, denn dieser Staat könnte sich von Israel nur dadurch unterscheiden, daß seine Bewohner nicht Israelis, sondern Palästinenser heißen. Im Libanon wurden die israelischen Truppen als Befreier gefeiert und waren die Palästinenser verhasst; kaum deshalb, weil sich die Palästinenser im Libanon wie freundliche, verständige und bescheidene Gäste benahmen, wenn sie selbst die Mehrheit hatten und die PLO die Macht; kaum deshalb, weil Palästinenser unsympathische Leute sind, sondern deshalb, weil Menschen dann, wenn sie als Volk auftreten, im Umgang mit Minderheiten niemals besonders zartfühlend und zimperlich sind.

    4. also der nationale Befreiungskampf der PLO kein Kampf für die Abschaffung aller Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse ist, sondern ein Kampf für den Erwerb der Voraussetzungen, unter denen sich mit Sicherheit alle Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse wiederholen.

    5. schließlich Linksradikale weder den Vorteil noch den feinen Unterschied sehen können, der angeblich darin besteht, wenn Menschen nicht von fremden Truppen massakriert werden, wie jetzt im Libanon, sondern von den Truppen des eigenen Landes, wie in Hama, oder doch von den Truppen wenigstens verwandter Völker, wie jetzt im Krieg zwischen Iran und Irak; weil Linksradikale nicht mit jener Unterdrückern nicht nur nationaler Minderheiten, sondern auch der großen Mehrheit der Bevölkerung paktieren können, die sämtliche arabischen Regimes heute sind.

    Wenn trotzdem heute militante Linke im idiotischen Konflikt zweier völkischer Nationalismen keinen Grund zur Ratlosigkeit sehen, fast zur Resignation, sondern eine willkommene Gelegenheit, mitzumischen, blindlings und fanatisch Partei zu ergreifen und sich mit aller Einbildungskraft uns Schlachtgetümmel des ’nationalen Befreiungskampfes’ zu stürzen, dann hat das nichts mit Linksradikalismus zu tun, sondern mit den bösen verschwiegenen Sehnsüchten, die im Herzen dieses Volkes schlummern. Den Nutzen davon werden nicht die Palästinenser und den Schaden davon wird nicht Israel haben, sondern die Leidtragenden werden die Ausländer in der Bundesrepublik sein – dann, wenn die deutschen den nationalen Befreiungskampf nicht mehr stellvertretend für andere Völker, sondern bei sich selber führen, dann, wenn das Bündnis zwischen Militanz und Mob […] eine realistische politische Basis bekommt.

    taz 3.8.1982, »Linksradikalismus und nationaler Befreiungskampf«

    • #5 von skeptikerin am September 1, 2010 - 11:46

      Ich habe beide Pohrt Ausschnitte gerne gelesen. Ich verstehe nicht wieso sich Wolfang Pohrt vor seinen Liebhabern und falschen Freunden in Schutz nehmen soll. Der Text “Der deutsche linke Antisemitismus” widerspricht keineswegs ihrem Zitat. Dazu kommt, dass Pohrt 1982 nicht die Entwicklung der Palästinenser absehen konnte. Wer kannte am 3.8.1982 die Hamas? Wer erahnte damals den Zusammenbruch der Sowjetunion? Wolfgang Pohrt wurde in späteren Jahren zum absoluten Israelverteidiger. Er forderte von Israel, während des Irakkrieges, den Abwurf einer Atombombe auf den Irak!! Erinnern Sie sich?

      Haben Sie folgenden Absatz in fidelches Artikel gelesen:
      „Der Staat Israel ist ein Ort an dem Juden endlich frei von Angst vor Pogromen leben können. Solidarität mit den Palästinensern, spätestens nach 1990, bedeutet Solidarität mit den Gotteskriegern, mit der Hamas, mit der Hisbollah. Die Palästinenser haben sich verändert, von einer Bevölkerung zu einem Volk, von einer säkularisierten Gesellschaft zum religiösen antisemitischen Mob.“

      • #6 von Mathias Waldmann am September 1, 2010 - 17:42

        Zu fidelches blutigen Unfug reicht diesr Beitrag von Pohrt völlig aus.
        Ihre traurige Antwort desavouiert ihr eigenes Nichtverstehen bezüglich der „falschen Freunde“und bestätigt zum xten mal die penetrante Inbeschlagnahme und Verballhornug Pohrtscher Beiträge.
        Seine damalige bizarre Polemik hat er sieben Jahre später folgendermaßen relativiert:

        Frage: […] Wie würden Sie heute, mit einigem Abstand, diese Kritik an Ihrer Position sehen – etwa an Ihrer Zuspitzung, Israel möge eine B- und C-Waffen-Attacke [der irakischen Armee] ›hoffentlich mit Kernwaffen zu verhindern wissen‹?

        Antwort: Wenn der Hass auf Israel das Motiv für den Pazifismus ist und die Konsequenz aus diesem Pazifismus im Erfolgsfall eine Gefährdung Israels wäre, weiß ich nicht , wie man den sogenannten Antizionismus ablehnen soll, ohne auch den Pazifismus abzulehnen. Dass eine Bedrohung und Gefährdung Israels bestand, haben amerikanische und irakische Propaganda behauptet. Irakische Raketen auf Tel Aviv machten die Behauptung glaubhaft. Dass sie auch gestimmt hat, würde ich heute bezweifeln.

        Nachträglich muss ich ferner einräumen, dass mein nur in Konkret erschienenes Pamphlet die Schwäche derer teilt, gegen die es sich richtet. Mischt man sich in aktuelle Kontroversen ein, teilt man halt zwangsläufig deren Niveau.

        Wolfgang Pohrt: »FAQ«, Edition Tiamat, Berlin 2004, S.63

        • #7 von Niels Kieserling am September 1, 2010 - 21:54

          Die Toleranz von fidelche ist beachtlich, wenn man bedenkt das hier ein Unfug wie der von Herrn Waldmann erlaubt ist. Etwas Konkretes zum Inhalt des Artikels habe ich von Herrn Waldmann nicht gelesen. Wenn Pohrt jemals einen falschen Freund gehabt hat, dann wohl den Herrn Waldmann. Seine Schreibe erinnert sehr stark an die „Qualität“ von einigen antisemitischen „Freitags-Schreibern“. (Besonders einen hab ich im Sinn)

        • #8 von thinktankboy am September 2, 2010 - 09:48

          Ich vermute, nach seinen Kommentaren auf meinem Blog und auch hier, dass Herr Waldmann mit der Hamburger Antisemitenzelle um den Freitagsblogger „Phineas Fraek“ zu tun hat. Evt. ist er es selbst. Plausible Antworten auf Ihre mehr als berechtigten Fragen werden sie voraussichtlich nicht erhalten Herr Kieserling. Vermutlich ist der Kampfruf der Hamas, “ Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod“ kein Problem für den Herrn Waldmann.

  5. #9 von Rahab am September 1, 2010 - 08:10

    bitte dieses
    http://www.haaretz.com/print-edition/opinion/distorted-zionism-1.311387
    kritisch – auch selbst-kritisch – gegenlesen.

  6. #10 von Mathias Waldmann am September 2, 2010 - 05:23

    Guten Morgen Herr Kieserling,
    über den von Ihnen beklagten Unfug müßten Sie sich allerdings beim Autoren
    Pohrt beschweren – denn mehr als seine alten Assagen und fast einzigen Beiträge
    zu Israel hier rein zu kopieren hab ich nicht gemacht. Wenn das schon der Toleranz des Blogbetreibers
    Grenzen setzt – seis drum.
    Das nötige zum Thema habe ich unten in seinem anderen Blog kurz angerissen – mehr gibt fidelches Quark nicht her und wäre nur weiteres Futter sinnloser Fingerhakelei und selbstversichernder immergleicher Mantras dieser deutschesten aller deutschen Philosemiten..

    „Freitags Avantgarde“ (Vol.1) – Rahab

    • #11 von Niels Kieserling am September 2, 2010 - 06:32

      Guten Morgen Herr Mathias Waldmann,
      mit ihrem Quark auf dem thinktankboy Blog kann ich leider nichts anfangen. Offensichtlich sind Sie deutscher Antisemit, der kaum Lehren aus den Verbrechen der deutschen Nazis zog. Thinktankboy hat ihnen sehr gut geantwortet, indem er ihnen mit Eike Geisel schrieb: „Im Namen des Friedens gegen Israel zu sein, ist etwas Neues. Denn dieses Ressentiment hat alle praktischen und politischen Beweggründe abgestreift. […] Dieser neue Antisemitismus erwächst weder aus niedrigen Instinkten noch ist er Ausfluss ehrbarer politischer Absichten. Er ist die Moralität von Debilen. Das antijüdische Ressentiment entspringt den reinsten menschlichen Bedürfnissen, es kommt aus der Friedenssehnsucht. Es ist daher absolut unschuldig, es ist so universell wie moralisch. Dieser moralische Antisemitismus beschließt die deutsche Wiedergutwerdung insofern, als sich durch ihn die Vollendung der Inhumanität ankündigt: die Banalität des Guten.“

      Herr Waldmann werden Sie doch mal konkret. Wie stehen Sie zum (von fidelche beschriebenen Verhalten) von Frau Wagenknecht und zur „Free Gaza Flotte“ und seinen rechtsextremen Begleitern? Und natürlich, was sagen Sie zur traurigen Entwickung der Palästinenser mit ihrer faschistoiden Hamas?

      • #12 von Mathias Waldmann am September 2, 2010 - 13:14

        Hallo Herr Kieseling,
        genau zu diesem schon hundert mal geposteten Zitat gibt’s auch eine dem Inhalt dieser Aussage entsprechende Antwort.
        Und zu allen anderen auch. Von Rahab wurde (bbewundernswert diese Engelsgeduld hier und anderswo, aber so völlig zwecklos wie’s scheint) alles schon hundertfach auseinandergenommen.

        @thinktankboy

        wenn Du Dein moralisches Liqudationskommando gen Hamburg schickst, vergiss aber nicht, es gleich anschleißend Richtung Pohrt zu kommandieren – als unfreiwilliger Stilberater (post)antideutscher Skurrilitäten und DESWEGEN demnächst wohl auch zum Antisemiten erklärt und denunziert, einfach nicht mehr zu gebrauchen (siehe Dein geposteter Gremltza-Beitrag). Das ist alles nur noch lästig, lächerlich, zutiefst peinlich und würde höchstens noch psychologische Erklärungsversuche über diese bizarren Politphänomene nach sich ziehen – das sollen aber Andere machen.

        • #13 von thinktankboy am September 2, 2010 - 14:10

          Dass Sie, Herr Waldmann auf die Fragen von Herrn Kieseling nicht antworten, habe ich so erwartet. Warum werden Sie nicht konkret? Wie stehen Sie zum (von fidelche beschriebenen Verhalten) von Frau Wagenknecht und zur „Free Gaza Flotte“ und seinen rechtsextremen Begleitern? Und natürlich, was sagen Sie zur traurigen Entwicklung der Palästinenser mit ihrer faschistoiden Hamas?
          Zusatzfrage von mir: Wer war der Aggressor im Gazakrieg?

          Haben Sie Angst vor einer Beantwortung dieser einfachen Fragen, Herr Waldmann?

        • #14 von Anaxagoras am September 3, 2010 - 09:02

          Herr Waldmann, Sie haben den Mund wohl zu voll genommen.
          Warum beantworten Sie die Fragen nicht. Sind Sie doch so klug, zu wissen, dass Sie sich dann als den Antisemiten outen würden, der Sie sind? Damit Sie die Fragen nicht vergessen wiederhole ich sie nochmal:
          Wie sagen Sie zum Verhalten von Frau Wagenknecht im Bundestag? Was sagen Sie zu den Selbstmordattentätern und ihren Linksparteikomplizen auf der „Mavi Marmara“ ?
          War die Hamas der Aggressor im Gazakrieg?

          Ihr Schweigen ist sehr vielsagend, Herr Mathias Waldmann!

        • #15 von Mathias Waldmann am September 3, 2010 - 19:26

          Hallo Herr Anaxagoras,

          dass ist ja süß, Sie haben diese schon hundert mal gestellten und auch hundert mal beantworteten Fragen x mal positiv bewertet.
          Soviel Fleiß darf einfach nicht so selbstverständlich und ohne anerkennenden Bonus im Nichts, vermutlich auch Ihres Gedankenfreien Universums verschwinden – so habe ich mich entschlossen, Ihnen einen extra Fleißpunkt zusätzlich zu gewähren. Ich lege Wert auf die Feststellung, dass der einzige Minuspunkt nicht von mir stammt.

          Ach Herrje – jetzt hab ich glatt die ganzen Fragen vergessen!

        • #16 von thinktankboy am September 8, 2010 - 12:47

          @Mathias Waldmann (September 3, 2010 um 19:26)
          Herr Waldmann, es ist sehr lobenswert, dass Sie hier Punkte an den politischen Gegner vergeben.
          Außerdem danke ihnen recht herzlich, dass Sie die, an Sie gestellten Fragen nicht beantworten. Wenn ich braunen Dreck lese wird mir immer furchtbar übel. Wenn es dann in Hamburg zu der Sarrazin-Parteineugründung kommt, können Sie mit ihren politischen Freunden gerne dort über das „jüdische Gen“ und ihren Israelhass referieren.

        • #17 von Mathias Waldmann am September 8, 2010 - 22:59

          …du solltest mal nach Hamburg kommen, da verteilt Justus W. höchstpersönlich und fast täglich entsprechend notwendige Höchstdosen Ritalin an seine noch übrig gebliebenen, putzigen und verwirrten Kindersoldaten. Dann wird vielleicht auch Dir nicht mehr „furchtbar übel“, wenn Du den rechtsextremen und „braunen Dreck“ von israelischen Regierungsmitgliedern lesen und/oder anhören mußt…

        • #18 von thinktankboy am September 9, 2010 - 17:11

          Die putzigen und verwirrten Kindersoldaten tummeln sich eher bei der Hamas, Herr Waldmann. Der rechtsextreme und „braunen Dreck“ ist nachweislich bei der Hamas, Hisbollah und seinen deutschen Adepten zu finden. Wie blöd muss man sein um dies nicht erkennen zu können, Herr Waldmann? Haben Sie noch nie was von „Auschwitz“ gehört. Waren Sie immer krank als das Thema bei Ihnen in der Schule behandelt wurde?

        • #19 von Mathias Waldmann am September 9, 2010 - 19:04

          „Hamas, Hisbollah, Ausschwitz“?!
          Heiliger Justus – das Ritalin ist aus.

        • #20 von fidelche am September 9, 2010 - 19:57

          @ Mathias Waldmann (September 9, 2010 um 19:04)

          Vermutlich nehmen Sie auch andere Dinge als Ritalin zu sich.

  7. #21 von Rahab am September 2, 2010 - 08:00

    das hier
    „was sagen Sie zur traurigen Entwickung der Palästinenser mit ihrer faschistoiden Hamas?“
    scheint mir des pudels kern zu sein.
    die „traurige Entwicklung“ dessen, auf den mann früher frohgemut alle wünsche nach befreiung werfen konnte, das ‚revolutionäre subjekt‘, welches stellvertretend die befreiung bewerkstelligen sollte.
    und nun hat der, welcher sich nicht selbst befreien konnte, wagte, wollte, die wahl zwischen – wie es ihm vorkommt – pest und cholera. und sucht weiter nach dem am wenigsten ‚bösen‘ – grad so wie der, welcher zu faul zum waschen, im wäschekorb nach dem am wenigsten schmutzigen hemd sucht.

  8. #22 von thinktankboy am September 2, 2010 - 10:01

    Bei einer Veranstaltung des Bündnisses gegen Antisemitismus und Antizionismus (www.bgaa.net) sagte Pohrt 2003 in Berlin:

    […]Überhaupt hat der Vorwurf, die Deutschen seien noch immer Antisemiten und Ausländerfeinde, einen Haken. Man kann ihn nicht zu oft und zu lange erheben, ohne daß er in Affirmation umschlägt. Irgendwann klingt er einfach wie »Die Katze läßt das Mausen nicht«. Und wurde diese Feststellung einmal getroffen, so ist der Katze kein Vorwurf mehr daraus zu machen, daß sie ihrer Wesensbestimmung folgt und Mäuse fängt. Also die Katze entfernen oder die Mäuse vor ihr warnen, aber mit der Katze hadern hat keinen Sinn.
    Natürlich braucht die Bevölkerung Feinde, man muß schließlich wissen, wer die Guten und wer die Bösen sind. Seit mindestens drei Jahren aber stehen Ausländer in Deutschland gerade nicht auf der Kandidatenliste. Statt dessen hatten wir die Killerkids, Kinder, die Papas Kanone schnappen und damit Jagd auf Lehrer, Kameraden, Passanten machen; Österreich mit Haider; die Kampfhunde und deren Halter; Rechtsradikale; Kinderschänder; Schwarzarbeiter; Al-Qaida; Sozialschmarotzer.
    Es gab so viele Feinde, weil der Volksfeind heute ein Fernsehstück ist. Zu lange hält sich keiner, weil das Publikum Abwechslung will. Es läßt sich ein bißchen in Stimmung bringen, wobei die Stimmung eigentlich eher eine Laune ist. Die praktischen Folgen sind gering, was die Aktionsbereitschaft der Bevölkerung betrifft. Aller antiserbischen Hetzpropaganda in den Medien zum Trotz ist mir kein Fall bekannt, daß ein Serbe in Deutschland unter Anfeindungen oder Angriffen zu leiden gehabt hätte.
    Gestehen muß ich folglich, daß ich derzeit nicht in der Lage bin, irgend etwas hervorstechend Fremdenfeindliches oder Antisemitisches zu erkennen, das aus der Tiefe der deutschen Seele kommen und sich dort aus ergiebigen Quellen speisen würde. Irgendwo wur-den mal Walser/Reich-Ranicki und Möllemann/ Friedman erwähnt. Ich halte das für läppisch.
    Andere Dinge sind weitaus ernster. Ein ständiges Ärgernis sind hier Nachrichtensprecher, die stets von Angriffen israelischer Soldaten auf palästinensische Flüchtlingslager erzählen, wenn das Ziel der Angriffe eine Ortschaft war, wo vor 50 Jahren vielleicht mal die Zelte und Baracken eines Flüchtlingslagers standen. Diese gebetsmühlenhafte anti-israelische Propaganda, immer mit einem petzerischen Unterton, bewirkt derzeit zwar wenig, sie ist aber steigerungsfähig, wie das Beispiel Jugoslawien lehrt.
    Lästig ist auch das abwechslungsarme Racheschwur-Aktionstheater, das von der palästinensischen Komparserie aus Anlaß von Begräbnissen für die ortsansässigen Vertreter internationaler Medien arrangiert wird. Lästig ist es deshalb, weil das Fernsehen jede Vorstellung davon in den Nachrichten bringt. Und zu fragen wäre, warum die sogenannte Intifada als eine doch irgendwie heldenhafte Angelegenheit dargestellt wird. Normalerweise würde man eher von Feigheit sprechen, wenn an Stelle von Personen im wehrfähigen Alter die Kinder den Kampf einer Volksgruppe oder einer Nation gegen eine andere bestreiten müssen. Aber soweit ich informiert bin, ist diese Nachrichtengebung ein EU-weites Phänomen, und einziger Versucher sind die Medien. Weder kommt sie aus der Bevölkerung, noch wirkt sie besonders stark auf sie ein.
    Wie gesagt, ich kann derzeit nichts erkennen, was mit Macht aus den Tiefen der deutschen Seele dringt. Ich sehe nicht mal eine Tiefe, eher eine Leere. Befürchtungen – auch meine – , die deutsche Geschichte könne sich wiederholen, haben sich bislang nicht bestätigt. Eher kam es umgekehrt. Was wie eine Wiederkehr Vorkriegseuropas erschien, dieses Vorkriegseuropas mit seinen Nationalismen, Faschismen und Pogromen, war in Wahrheit das definitive Ende dieser Zeit, nach einer etwas rauhen Übergangsphase freilich. [..]

    • #23 von thinktankboy am September 2, 2010 - 10:06

      Hermann L. Gemliza entgegnete in Konkret 11/03:

      Lieber Herr Pohrt,

      [..] Ausländer in Deutschland: Wem ginge das sentimentale, das evangelische Geseire nicht auf die Nerven, das uns Ausländer als bessere Menschen verkauft und jede Abwehr dieser Zumutung als Rassismus ausruft. Und warum nicht einräumen, daß die Gefahr für Leib und Leben, der Ausländer in Deutschland ausgesetzt sind, nicht die Dimension angenommen hat, die in den ersten Jahren nach der Wende zu befürchten war. Aber warum ist das so? Warum stehen die Ausländer nicht »auf der Kandidatenliste«? Weil die Deutschen die Kanaken, wie sie noch an jedem Stammtisch heißen, liebgewonnen haben? Oder weil sie jetzt lieber Jagd auf »Killerkids« etc. machten? Es ist, erstens, wie es ist, weil die deutsche Exportindustrie und die ihr angeschlossenen Institute der Volksbildung (die sog. freie Presse) Pogrome der Rostocker und Möllner Art verboten haben und, zweitens, Ausländer, meist Türken, in Gegenden, in denen sie zahlreich sind, den Glatzen keine Chance lassen. Wie der deutsche Mob auf Fremde reagiert, wenn er weder Strafe noch Gegenwehr zu fürchten hat, erlebt jeder Schwarze, der sich auf den Straßen einer ostdeutschen Kleinstadt blicken läßt.
      Sie können nichts »hervorstechend Antisemitisches« an unseren Landsleuten erkennen. »Andere Dinge« seien »weitaus ernster«, insbesondere die Berichterstattung über Israel, die sie »lästig« und »ein Ärgernis« nennen, die jedoch, soweit Sie informiert seien, ein EU-weites Phänomen sei, weder aus der Bevölkerung komme noch besonders stark auf sie einwirke. Da waren Sie nun der Wahrheit so nahe (daß nämlich der deutsche Antisemitismus tagtäglich am Staat der Juden sich austobt) – und plötzlich haben alle guten Geister der historischen Erfahrung Sie verlassen. Noch 1930 hatten die europäischen Juden Deutschland einhellig für das Land des Kontinents gehalten, mit dessen Antisemiten sich leben lasse.
      Heute hat der deutsche Antisemit das Problem, in dem von Juden befreiten Land Objekte seines Hasses zu finden. Nie hat es nach 1945 eine Partei gewagt, einen Juden für ein Regierungsamt vorzuschlagen, und auch die Führungspositionen in der Gesellschaft sind besetzt, als wären die Nürnberger Gesetze noch in Kraft. Dennoch meinen 20 Prozent der Deutschen, die Juden hätten zuviel Einfluß, lehnen 28 Prozent Juden als Nachbarn ab, wollen 22 Prozent der Deutschen »lieber keinen Juden« als Nachbarn haben.
      Die von Demoskopen ermittelten Zahlen schwanken, denn mit den deutschen Antisemiten ist es wie mit den Anhängern der Todesstrafe: Ist gerade mal kein Anlaß für völkische Erregung, entspannen sich ihre Züge zur Menschenähnlichkeit. Tritt aber der »läppische« Fall Möllemann ein, gestehen bei einer Befragung 36 Prozent, sie könnten »gut verstehen, daß manchen Leuten Juden unangenehm sind«. Und auch das ist nicht mal die halbe Wahrheit, denn die 36 Prozent sind ja nur diejenigen, die sich gegenüber einem unbekannten Dritten offen zu krudesten Ansichten über »die Juden« bekennen. Martin Walser und Jürgen Möllemann gingen in die Ergebnisse solcher Studien als philosemitische Mustermänner ein.
      (Manchmal helfen eigene Erlebnisse: Ich habe in einer Hamburger Kneipe mithören müssen, wie am Nebentisch ein halbes Dutzend Redakteure des »Spiegel«, darunter Ressortleiter, sich erzählte, daß sich »so frech wie Friedman in Deutschland nur ein Jude aufführen darf« und was für einen Unsinn man »unserem Hausjuden Broder« wieder habe durchgehen lassen.)
      Auch Sie haben einmal gewußt, nein: geschrieben, mehr: uns gelehrt, welche Mördergruben die Herzen unserer Landleute sind. Nun weiß ich natürlich auch, daß das Beharren auf Erkenntnissen einen freien Autor in Gefahr bringt, als langweilig zu gelten und nicht mehr gefragt zu werden. Tatsachen, sagte man beim »Spiegel«, stören den Schwung der Story, und nur was man erfindet, hat man exklusiv. Es gibt eine Originalität, hinter deren Tödlichkeit die Langeweile verblaßt.

      • #24 von Rahab am September 2, 2010 - 10:16

        aha.
        auch Pohrt wurde also gerügt, dass/weil vom glauben abgefallen….

        ich frag mich manchmal, ob dem guten Moishe klar war/geworden ist, was er mit seiner kritik am antisemitismus der linken anrichtet/angerichtet hat.

        • #25 von thinktankboy am September 2, 2010 - 14:23

          Pohrt war und ist gerne provokant. Gremliza hat das Nötige dazu gesagt.
          Es gibt nicht nur Moishe Postone. Es gibt auch L. Poliakov, T. Haury, J. Améry und J.P Sartre. Diese und viele mehr haben sich mit linkem Antisemitismus beschäftigt. Über „Deutschland die Linke und der Holocaust“ können leider noch nicht diskutieren.

        • #26 von Rahab am September 2, 2010 - 14:32

          also auch du ein gläubiger Gremlizas. hältst du anteile an konkret?

  9. #27 von thinktankboy am September 2, 2010 - 17:33

    @Rahab vom September 2, 2010 um 14:32

    Gläubiger würd ich nicht sagen. Kommt aber nahe hin. Anteile hab ich keine von Konkret. Hab die Zeitschrift aber im Abo.

    • #28 von Rahab am September 2, 2010 - 17:56

      laß das mal fidelche nicht lesen! der erzählt dir sonst was über opium und so’n zeug.

      • #29 von thinktankboy am September 3, 2010 - 11:50

        @Rahab (September 2, 2010 um 17:56)

        Stimmt. Ich hoffe er liest es nicht. Bitte nicht weitererzählen.

        Danke
        thinktankboy

        • #30 von Rahab am September 3, 2010 - 12:55

          keine bange. ich bin verschwiegen wie ein grab!

        • #31 von rainer kühn am September 8, 2010 - 17:48

          ich sag auch nix.
          lesen ist eh eine stille messe, ähem.

        • #32 von fidelche am September 9, 2010 - 19:57

          Zu spät, ich habs schon gelesen.

  10. #33 von Klaus B.M. am März 10, 2012 - 09:23

    Wolfgang Pohrt schrieb seinerzeit zu identischem Schwachsinn: “Oder anders gesagt: Vormundschaft und Sorgerecht für das Opfer werden dem Täter zugesprochen. Mit den Verbrechen, die Deutschland an den Juden und an der Menschheit beging, hat es sich eigenem Selbstverständnis gemäß das Vorrecht, die Auszeichnung und die Ehre erworben, fortan besondere Verantwortung zu tragen. Der Massenmord an den Juden verpflichtete, so meint man, Deutschland dazu, Israel mit Lob und Tadel moralisch beizustehen, damit das Opfer nicht rückfällig werde. Zwei angezettelte Weltkriege böten, so meint man weiter, die besten Startbedingungen, wenn es um den ersten Platz unter der Weltfriedensrichtern und Weltfriedensstiftern geht, frei nach der jesuitischen Devise, das nur ein großer Sünder das Zeug zum großen Moralisten habe.“

    Wolfgang Pohrt – Kapitalismus Forever

    Super Artikel – Super Buch.

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