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Die Gruppe 47, Günter Grass und die Todesfuge

„Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts wir trinken dich mittags der Tod ist ein Meister aus Deutschland wir trinken dich abends und morgens wir trinken und trinken der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete er hetzt seine Rüden auf uns er schenkt uns ein Grab in der Luft er spielt mit den Schlangen und träumet der Tod ist ein Meister aus Deutschland“ 

aus der Todesfuge von  Paul Celan

47Im Jahre 2003 veröffentlichte der Hamburger Literaturwissenschaftler Klaus Briegleb sein vielbeachtetes Buch „Mißachtung und Tabu – Wie antisemitisch war die Gruppe 47?“.   Klaus Briegleb untersucht in diesem Buch den deutschen Antisemitismus nach der Shoah und das Phänomen, dass die Gruppe 47 sich nicht um ihn gekümmert hat. Die Gruppe 47 hat am Gedeihen des besonderen deutschen Antisemitismus nach 1945 aus der Position einer angemaßten moralischen Unbescholtenheit durch Missachtung, Desinteresse und Verdrängung mitgewirkt, so die Kernthese des Buches. Vor allem die Antworten auf die Frage welche Funktion heute jene erfüllen, die einst zur Gruppe zählten, sind gewinnbringend zu lesen und lassen den aktuellen Antisemitismus besser begreifen.

Als Gruppe 47 werden die Teilnehmer an den deutschsprachigen Schriftstellertreffen bezeichnet, zu denen Hans Werner Richter von 1947 bis 1967 einlud. Der Kreis um Richter war eine einflussreiche Institution im Kulturbetrieb der Bundesrepublik Deutschland.  Hans Werner Richter setzte eine Art Corpsgeist unter den Schriftstellern der Gruppe 47 durch, Schriftsteller jüdischer Abstammung, sowie Emigranten wurden an den Rand gedrängt, seine „Einladungspolitik“ war sehr schnell umstritten. Die jüdisch-deutsche Differenz nach der Shoah wurde von der Gruppe 47 nicht thematisiert. Der Widerwillen und die Ignoranz, die Verbrechen der Deutschen zur Kenntnis zu nehmen, und sie zu thematisieren was vor allem den Juden geschah, waren offensichtlich. Die Kriegsheimkehrer und Flakhelfer, die sich nun  „jungdeutsch“ nannten wollten sich etwas von der Seele schreiben und vor allem mit der Vergangenheit abschließen.  Die ehemaligen Flakhelfer, Soldaten und wie wir heute wissen SS-Angehörigen proklamierten in der Gruppe 47 die „Stunde Null“ und beanspruchten zugleich, für die deutsche Literatur zu stehen. Richter und viele seiner Mitstreiter suchten die einebnende Gemeinsamkeit, die Juden und die Christen, die Deutschen und die Sowjetrussen waren für sie die Opfer „des Krieges“, als sei der Nationalsozialismus „vom Himmel“ gefallen, eine Naturkatastrophe für welche die Deutschen kaum etwas konnten.

Obwohl Hans Werner Richter nichts von Paul Celans Gedichten hielt wurde der Lyriker eingeladen. Im Mai 1952 trug Paul Celan in Niendorf seine noch unbekannte Todesfuge vor. Nach dem Auftritt kam es zu unübersehbarer Missachtung gegenüber dem Juden Celan: „Das kann doch kaum jemand hören!“ oder  „Er las sehr pathetisch. Wir haben darüber gelacht“ waren die unmittelbaren Reaktionen innerhalb der Gruppe. Walter Jens meinte gar, „der liest ja wie Goebbels!“ und Richter machte sich über Celan lustig, in dem er sagte Celan habe „in einem Singsang vorgelesen wie in einer Synagoge“. Schwer gekränkt nahm Celan an keinem Treffen der Gruppe 47 mehr teil. Die Aggression der Gruppe gegen Paul Celan und die „Emigrantendeutsch“ schreibenden geflohenen Dichter wurde nun überdeutlich. Ingeborg Bachmann schrieb in ihr Tagebuch zu Niendorf: „Am zweiten Abend wollte ich abreisen, weil ein Gespräch, dessen Voraussetzungen ich nicht kannte, mich plötzlich denken ließ, ich sei unter deutsche Nazis gefallen (..) Am zweiten Tag wollte ich abreisen, am dritten Tag las ich ein paar Gedichte vor, vor Aufregung am Ersticken…“

Trotz eines Apelles  von Marcel Reich-Ranicki blieb der harte Kern der Gruppe dem Frankfurter Auschwitz-Prozess von 1963 bis 1965 fern. Die Isolierung von Peter Weiss innerhalb der Gruppe 47 verstärkte sich wegen seines Interesses am Prozess und unter Federführung von Günter Grass wurden die Auschwitz-Texte von Peter Weiss „geschmäht“. So wurde Peter Weiss 1966 vorgehalten, er habe nicht das Recht, über Deutschland zu sprechen. Peter Weiss hielt die zynische Begründung fest: „Wo ich denn während des Kriegs gewesen wäre?“ Obwohl das antisemitische Ressentiment nur selten so offen zu Tage trat, wie es sich im Falle Celans zutrug, gab es mittlerweile vermehrt diesbezügliche Kritik von außerhalb der Gruppe. Nachdem Hermann Kesten der Gruppe vorwarf, sie würde antisemitischen Vorbildern nacheifern schreibt der Gruppenchef Hans Werner Richter am 25. Januar 1961 in einem Brief: „Kesten ist Jude und wo kommen wir hin, wenn wir jetzt die Vergangenheit untereinander austragen, d.h. ich rechne Kesten nicht zu uns zugehörig, aber er empfindet es so. Wie aber soll man diesem eitlen und so von sich überzeugten Mann beibringen, welches Unheil er anrichtet?“

Günter Grass und Martin Walser prägten die Gruppe 47 mit ihrer Verdrängungsliteratur, ihre „Flegeljahre“ aus der Hitlerjugend dauern scheinbar bis heute an. Die Flakhelfer-Generation um Grass und Walser ist bis heute der Stichwortgeber für die scheinbare Legitimation des antisemitischen deutschen  Stammtisches. Der „irgendwie linke“ Martin Walser wollte 1998 nichts mehr von der angeblichen „Dauerpräsentation unserer Schande“ hören und sprach von einer Moralkeule“ im Zusammenhang mit Auschwitz. Nach der Kritik an Walsers  Rede in der Paulskirche, nach der Kritik an seinem Buch „Tod eines Kritikers“, reagierte Walser wie sein Ziehvater Richter es ihm lehrte: „Es geht um den Kritiker nicht um den Juden“. Der Kritiker, Marcel Reich-Ranicki,  den man immer loswerden wollte, den man zum Schweigen bringen wollte, kam aus dem Osten, der Region, die im literarischen Gedächtnis der Gruppe 47 von ihren Anfängen keinen Platz hatte. Zur Erinnerungsabwehr-Rede Martin Walsers in der Paulskirche sagte Ignaz Bubis das Nötige, wobei die Massen viel lieber der Worten Walsers lauschten.

Wie kaum ein anderer ist Günter Grass ein Produkt der Gruppe 47. Bereits in seiner „Blechtrommel“ deutet Grass an was er unter der Aufarbeitung des Nationalsozialismus versteht. Am Ende des Buches werden die Deutschen in Danzig mit Viehwaggons zurück ins Reich deportiert, eine offensichtliche Anspielung auf die Deportation der Juden in Richtung Osten. Außerdem kommt ein Herr Fajngold aus Treblinka in der „Blechtrommel“ nach Danzig, Fajngold eine Karikatur eines Juden, wie sie die Nazis nicht besser im „Stürmer“ hätten erscheinen lassen können. Grass betrieb bereits damals eine Täter-Opfer-Umkehr. Am offensichtlichsten wird die Schuldabwehr von Günter Grass in seinem 2002 erschienenen Roman „Im Krebsgang“. Während Grass, „ermüdet vom Kampf um die Vergangenheitsbewältigung in seiner Danziger Trilogie“, über die „eigene Schuld“ spricht,  betrauert er wieder einmal viel zu lange darüber geschwiegen zu haben, dass auch die Deutschen Opfer waren. Im „Krebsgang“ macht Grass seine Opferbilanz auf und begräbt mit der Umkehrung der Opferrollen sein eigenes Schweigen. Günter Grass in „Krebsgang“: Als die „Gustloff“ untergeht, ertönt „ein nie gehörter, ein kollektiver Endschrei“. Ein Schrei, der sich in den Lagern der Shoah seit Buchenwald millionenfach erhoben hat. Der Ex-Waffen-SS-Soldat schreibt scheinbar entlastend, dass er in seinem Panzer auf dem Weg nach Osten keinen einzigen Schuss abgegeben hat. Mit „Krebsgang“ versucht Grass eine deutsche Opfernation, eine entschuldete Täternation zu erschaffen. Mit der Metapher des „Endschreis“ beim Untergang des deutschen Flüchtlingsschiffs „Gustloff“ am 30. Januar 1945 ist die „Endlösung der Judenfrage“ literarisch pervertiert, meint nicht nur Klaus Briegleb.

Im Jahre 2011 behauptet Günter Grass in einem Interview in Israel, dass die Sowjetunion sechs Millionen deutsche Kriegsgefangene liquidiert hätte. Tatsächlich gerieten etwa drei Millionen deutsche Soldaten in sowjetische Kriegsgefangenschaft, von denen etwa 1,1 Millionen nicht überlebten, was angesichts der von den Deutschen verursachten Hungersnot in der Sowjetunion nicht sehr verwunderlich war. Was Günter Grass mit der Zahl “sechs Millionen” bezwecken wollte, lag auf der Hand. Der ehemalige Wehrmachts-Freiwillige, der den reibungslosen Betrieb von Auschwitz ermöglichte versuchte wieder einmal zu entlasten. Nachdem Grass seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS bis zum Jahre 2006 verschwiegen hatte, während er Bundeskanzler Kohl massiv kritisierte, weil dieser Hand in Hand mit einem amerikanischen Präsidenten einen Soldaten-Friedhof besuchte, auf dem auch vierzig SS-Gefallene liegen, wollte er 2012 mit seinem antisemitischen Gedicht „Was gesagt werden muss“ wieder einmal nicht mehr schweigen. Wieso der Literatur-Nobelpreisträger sein Gedicht nicht mit „Die Juden sind unser Unglück!“ überschrieb, bleibt sein Geheimnis.

Anfang August 1990 überfiel der Irak das Ölscheichtum Kuwait. Der Sicherheitsrat der UN stellte ein Ultimatum für einen Rückzug der irakischen Streitkräfte. Saddam Hussein drohte daraufhin Israel, das in diesem Konflikt bis dahin nicht beteiligt war, im Falle eines alliierten Militärschlages mit Giftgas-Raketen anzugreifen und den jüdischen Staat zu zerstören. Mit Hilfe deutscher Firmen war es dem Irak gelungen ein Giftgasarsenal aufzubauen. Nach Ablauf des Ultimatums, griffen alliierte Streitkräfte unter amerikanischer Führung den Irak an, worauf  irakische Truppen Scud-Raketen auf Israel abfeuerten. Die israelische Bevölkerung verbrachte die Nächte mit Gasmasken in abgedichteten Räumen. Obwohl dreizehn Israelis getötet und hunderte verletzt wurden, hielt sich die israelische Regierung an die Absprachen nicht in den Konflikt einzugreifen. In der deutschen Öffentlichkeit sorgte weder der Einmarsch des Iraks, noch die Ankündigung Husseins Israel unter anderem mit Giftgas auszulöschen für besondere Aufmerksamkeit. Erst im Januar 1991 kurz vor dem Ablauf des Ultimatums kam es zu Massendemonstrationen der „Friedensbewegung“, die sich  mehr oder weniger mit Saddam Hussein solidarisierte und Israel die Schuld für den Konflikt gab.  Zu dieser Zeit trat Günter Grass in einer Podiumsdiskussion gemeinsam mit dem israelischen Schriftsteller Yoram Kaniuk auf. „Kein Blut für Öl“ und „Es gibt keinen gerechten Krieg“ waren die Parolen des „Friedensfreundes“ Grass. Das deutsche Gas für den Irak interessierte Günter Grass nicht weiter. Wieder einmal, nun während des zweiten Golfkrieges solidarisierte sich die deutsche „Massenseele“ mit der moralischen Autorität eines ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS. Die Entlastungserzählungen von Günter Grass mit der Entsorgung der eigenen Geschichte und die Forderungen Martin Walsers wieder ganz „unverkrampft“ zur Nation Deutschland zu stehen waren und sind Teil der neuen Rahmenbedingungen in welchen die Mehrheit der Deutschen ihren Antisemitismus, der nach 1945 nicht einfach verschwand, wieder ausleben durfte.

grassYoram Kaniuk schreibt in seinem Buch “Der letzte Berliner“ über Günter Grass und die damalige Diskussion: „Er trieb mich mit seinen politischen Argumenten immer mehr in die Enge, um den Streit über den Golfkrieg mit dem Leiden der Palästinenser und nicht mit dem deutschen Gas für den Irak zu verknüpfen. Etwas von dem Ton, der in seinen Worten anklang, konnte man auch in Hannah Arendts Buch über den Eichmann-Prozess spüren, in dem die Juden und die Deutschen sich gleichen, obwohl die Juden die Opfer und die Deutschen die Täter sind. Unser gerechtes Anliegen, das Anliegen der Juden und ihrer Kinder, die aus Deutschland fliehen mussten oder vertrieben wurden, hätte einen Teil der Debatte ausmachen sollen, doch Grass mit seinem geschliffenen Verstand und seiner rhetorischen Begabung wehrte jeden Versuch ab, aus der engen politischen Ecke herauszukommen und eine allgemeine Diskussion über das Wesen des Bösen zu beginnen, und der Beifall des Publikums bewies, dass es auf seiner Seite stand. Die Diskussion hinterließ bei mir einen bitteren Geschmack. Das ganze Gerede über die Unmoral aller Kriege ärgerte mich damals und ärgert mich heute noch. Es gibt alle möglichen Kriege. Gott sei Dank haben die Alliierten gegen die Nazis gekämpft, und Gott sei Dank haben sie gesiegt. Gott sei Dank haben wir im Unabhängigkeitskrieg gesiegt und einen Staat für die Juden gegründet, die niemand aufnehmen wollte. (…) Es fiel mir schwer, mich damit abzufinden, dass ein Humanist wie Grass die Unvernunft der deutschen Linken verteidigt, die mit dem Mörder und Diktator Saddam sympathisierte. Ich hatte gehofft, er würde es als schweren Fehler bezeichnen, dass Deutsche nicht gegen die Lieferung von Giftgas und dessen Verwendung für die Herstellung von Massenvernichtungswaffen demonstrierten und stattdessen lauthals den Krieg gegen einen grausamen Diktator anprangerten, doch er sagte nichts dergleichen. Das Argument, dass alle Kriege unmoralisch sind, macht mir mehr Angst als hundert Haiders in Wien oder hundert Aufmärsche von Skinheads mit auftätowierten Hakenkreuzen. „

Quellen: Klaus Briegleb – Mißachtung und Tabu –  Philo-Verlag 2003 | Yoram Kaniuk – Der letzte Berliner – List-Verlag 2002 | Vaterland, Muttersprache: Deutsche Schriftsteller und ihr Staat seit 1945 – Wagenbach-Verlag 1980

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Nolte, Finkelstein, Zuckermann und die „Auschwitzkeule“

AntizionismusAls dem linksliberalen Historiker Hans Mommsen vom Ullstein-Verlag der Vertrag gekündigt wurde, den Band 9 der Propyläen Geschichte Deutschlands über das Dritte Reich (Von Weimar nach Auschwitz) zu schreiben, weil der Verlag die Geschichtsschreibung dem rechten Nachwuchshistoriker Karlheinz Weißmann überlassen wollte, befand man sich auf dem Höhepunkt des sogenannten Historikerstreits. Einige umstrittene Publikationen des Historikers Ernst Nolte über den „Europäischen Bürgerkrieg“ folgten. Ernst Nolte war der Auffassung, dass sich die Nationalsozialisten als Opfer begriffen haben könnten und verglich den sowjetischen Gulag mit Auschwitz. Nolte fragte:“ Vollbrachten die Nationalsozialisten, vollbrachte Hitler eine „asiatische“ Tat vielleicht nur deshalb, weil sie sich und ihres gleichen als potentielle oder wirkliche Opfer einer „asiatischen“ Tat betrachteten? War nicht der Archipel Gulag ursprünglicher als Auschwitz?“ Nolte machte den Versuch Auschwitz zu entschuldigen, da angeblich die Juden den Massenmord während der sowjetischen Oktoberrevolution an Bürgern und Bauern befahlen. Einige Jahre später im Jahre 1998 lehnte der angeblich „links“ eingestellte Martin Walser anlässlich der Verleihung des Friedenspreises in der Paulskirche eine „Instrumentalisierung des Holocaust“ ab. Walser meinte, die NS-Verbrechen würden dazu missbraucht werden, den Deutschen „weh zu tun“ und um politische Forderungen zu stützen. Laut Walser fühle sich derjenige, der ständig diese Verbrechen thematisiert, den Mitmenschen moralisch überlegen. Martin Walser prägte den Begriff der „Moralkeule“: „Auschwitz dürfe aber nicht zur „Moralkeule“ verkommen, gerade wegen seiner großen Bedeutung“. Laut dem kürzlich verstorbenen Günter Amendt, der Walser 1978 in der Konkret-Redaktion nach einem Bob Dylan Konzert traf, fragte dieser „nicht ohne einen aggressiven Unterton“, „was eigentlich an diesem ‘herumzigeunernden Israeliten’ Besonderes wäre.“  Es war die Zeit des Versuches der deutschen Geschichtsumschreibung die bis heute anhält.

Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Norman G. Finkelstein meinte 2009 in einem Interview mit der „Wiener Zeitung“: „Israel und jüdische Organisationen“ hätten „den Holocaust instrumentalisiert, um Geld für die Überlebenden zu erpressen“. Adolf Eichmann sei erst gefasst worden, „nachdem Israel sich dazu entschlossen hatte, eine große Holocaust-Show zu inszenieren“; das Simon-Wiesenthal-Center sei „wahrscheinlich die größte Gaunerei auf Gottes Erden“. Wer Gerechtigkeit wolle, solle „nach Israel gehen und die gesamte Regierung festnehmen“, die in Gaza eine „Kristallnacht“ veranstaltet und das Gebiet in „ein großes Konzentrationslager“ verwandelt habe“ Auf des Webseite des jüdischen Antisemiten Norman Finkelstein wird hemmungslos für die islamfaschistische Hizbollah geworben, die Reden Nasrallahs sind dort nachzulesen. Norman Finkelstein meint beispielsweise: „Im Rückblick bedaure ich vor allem, dass ich nicht noch energischer öffentlich die Hizbollah gegen terroristische Einschüchterungen und Angriffe verteidigt habe.“ So ist es nicht verwunderlich, dass die extreme Rechte Finkelstein als  den „jüdischen David Irving“ preist. Finkelstein wurde in Deutschland bekannt, weil er sich gegen Goldhagens Thesen wandte. Gelobt wir Finkelstein allerdings auch von der antizionistischen Linken. Finkelstein historisiert Goldhagens Thesen als Beiträge einer, zionistischen Ideologie. Finkelstein verkehrt Opfer und Täter. Bei Finkelstein werden die Juden  als die Täter und die Nichtjuden als deren Opfer gezeichnet. Die „Holocaust-Studies“, so Finkelsteins zentrale These, verfolgten das Interesse, allen Nicht-Juden ein potentielles Interesse am Judenmord zu unterstellen, um so dem Staate Israel eine “totale Lizenz” für “Aggression und Folter” ausstellen zu können. Die Frage ist nun wieso Finkelstein in Deutschland so beliebt ist. Weil er als jüdischer Kronzeuge eine deutsche Antwort auf Goldhagen gibt, die selbst zu formulieren sich noch die meisten deutschen Historiker sich heute noch nicht trauen. In seinem Buch, “Antisemitismus als politische Waffe“, in dem die Antisemitin Felicia Langer das Vorwort zelebrierte, schreibt Finkelstein in der Allgemeinen Einführung:“ Erstens nutzt Israel das unsagbare Leid, das den Juden während des Zweiten Weltkriegs angetan wurde, aus, um seine Verbrechen an den Palästinensern zu rechtfertigen.“ Finkelstein ist ein jüdischer Kronzeuge für die Israelgegner Deutschlands, deshalb ist er so beliebt bei den deutschen Israelgegnern. Vergleichbar ist seine Beliebtheit mit der von Moshe Zuckermann.

Moshe Zuckermann ist ein israelischer Soziologe und Professor für Geschichte und Philosophie an der Universität Tel Aviv. In Zuckermanns neuestem Buch geht es um dasselbe Thema. Das Buch heißt „Antisemit“ – „Ein Vorwurf als Herrschaftsinstrument“. In seinen „Auskünften eines marxistischen Juden“ in dem Buch „Zweierlei Israel“, sagte Zuckermann noch: “Dass sich im linken Antizionismus ein Stück Antisemitismus codieren mag, steht für mich außer Zweifel. Die Frage ist, was sich da codiert, und da bin ich mir nicht sicher. Warum bedürfen Linke, die emanzipatorisch denken, des Antisemitismus? Erste Antwort: Sie sind antisemitisch. Nächste Frage: Kann man emanzipativ sein, wenn man antisemitisch ist. Meine Antwort, kategorisch: Nein.“ Das war im Jahre 2003, Zuckermann blieb bereits damals viele Antworten schuldig, beispielsweise die Fragen von Konkret  nach Jean Améry  und seiner Aussage von „Israel als den Zufluchtsort aller Juden“ und dem „ehrbaren Antisemitismus“.  Bereits kurze Zeit später traf sich Zuckermann mit Ludwig Watzal, Felicia Langer, Norbert Blüm in Köln zur Anti-Israel-Konferenz „Stop the Wall“. In der anschließenden „Kölner Erklärung“ stand später: „Nach den Plänen der Sharon-Regierung soll diese die Bürger Israels vor Terrorismus schützen, nach Auffassung der Kritiker ist sie aber völkerrechtswidrig und dient dazu, palästinensisches Land zu annektieren“. In seinem Buch „Antisemit“ schreibt Zuckermann: “Der Zionismus wurde aus dem Antisemitismus geboren“. So weit, so richtig. Später schreibt er: “Wenn Zionismus im Kern die Überwindung der Diaspora zum Inhalt hatte, musste dies negativ konnotiert werden, und zwar so, dass der Gegensatz zum Jüdischsein und nichtjüdischer Umwelt zum Paradigma existentieller Bedrohung für Juden heranwuchs. (..) Nichts lässt sich in den polemischen Schlachten der zionistischen Ideologie effektvoller instrumentalisieren, nichts geriet ihr zur besseren strategischen Waffe, als der Antisemitismus. Darin weiß sich der Zionismus gewiss –kann er doch stets mit einem unschlagbarem Beleg aufwarten: der Shoah.“ Auf die Idee, dass Israel ein Staat ist, der den verfolgten Juden in dieser Welt  gestern, heute und morgen Zuflucht bieten könnte, kommt Zuckermann offenbar nicht. Dass die Shoah, mit einem Staat Israel, so nicht hätte stattfinden können, kommt Zuckermann offenbar nicht in den Sinn. Er wirft den Juden dagegen die Instrumentalisierung der Shoah vor.

In „Eine UNO Rede“ schreibt er: “Dass Israel so leicht handeln kann, wie es die reale Konstellation des Okkupationszustandes gebietet, hat wenig mit den in Netanjahus Rede beschuldigten Palästinensern zu tun, viel hingegen mit der inneren Sackgasse, in die sich das Land manövriert hat: Israel kann den Rückzug aus den besetzten Gebieten vollziehen, dabei aber einen innerisraelischen Bürgerkrieg riskieren; es kann hingegen beschließen diese Gebiete nicht mehr zu verlassen, in welchem Fall es der objektiven Entstehung einer bilateralen Struktur nolens volens Hilfe leisten würde.“ Mit der Räumung von jüdischen Siedlungen auf palästinensischem Gebiet würden eventuell die europäischen Friedensfreunde besänftigt werden. Das nächste Etappenziel dürfte eine judenfreie Westbank sein. Als Sharon mit der einseitigen  Geste den Gazastreifen von israelischen Siedlungen räumen ließ, „bedankte“ sich die Hamas mit tausendfachem Raketenbeschuss. Die Absicht der radikal-islamistischen Hamas ist es, Israel von der Landkarte verschwinden zu lassen. Den Hass auf Israel, den antisemitischen Vernichtungswillen der Mörderbanden, der sich aus seiner eigenen Ideologie artikuliert und fast täglich in die Tat umgesetzt wird, will Moshe Zuckermann scheinbar nicht sehen. Im Abschnitt „Israelische Realitäten“ feiert Zuckermann den antiisraelischen Goldstone-Bericht. Offenbar hat Zuckermann keine Ahnung wie die UNO und sein Menschenrechtsrat zusammengesetzt ist und funktioniert. Die Qualität der internationalen Menschenrechtspolitik ist eine Frage der Mehrheit. Diese Mehrheit haben die islamischen Staaten mit ihren Verbündeten. So war es nicht verwunderlich, dass der Goldstone-Bericht Israel „Kriegsverbrechen“ und „Verbrechen gegen die Menschheit“ vorwarf. Verwundert hat viel mehr, dass der Bericht nicht mit „Allahu akbar“ unterzeichnet wurde. In diesem Menschenrechtsrat darf im Übrigen nicht über die Scharia mit ihren mittelalterlichen Strafen wie Hände abhacken bei Diebstahl oder Steinigung bei außerehelichem Geschlechtsverkehr diskutiert werden, da die Scharia Teil der islamischen Religion ist und eine Kritik an der islamischen Religion Rassismus sei.  Israel hat sich also aus guten Gründen geweigert mit der Goldstone-Kommission zusammenzuarbeiten. Dass Zuckermann dieses israelische Verhalten  kritisiert, aber nicht die UNO und ihre antisemitischen Vasallen, verwundert nicht. Sein  Vorwurf, Israel sei für den Terror, den sie als souveräner Staat mit legitimen Sicherheitsbedürfnissen erleiden müssen, selbst verantwortlich,  erinnert an das antisemitische Klischee vom Juden, der an allem schuld sei.

Als Wolfgang Benz  am Zentrum für Antisemitismusforschung im Dezember 2009 Antisemitismus und Islamophobie nicht nur verglich sondern auch gleichsetze, was Micha Brumlik unterstützte, gab es Proteste von Matthias Küntzel und Hendrik M. Broder.  Moshe Zuckermann sieht, in seinem Exkurs, „Anmerkungen zum Antisemitismus“, nachdem er Adornos „neuen kategorischen Imperativ“ sinnlos zitierte,  kein Problem bei diesem Vergleich, er fragt: “Wenn Antisemitismus nicht in vergleichende Nähe der Islamophobie gerückt werden darf, wie kommt es, dass die heftigen Attacken der islamischen Welt gegen Israel leichterhand als Antisemitismus eingestuft werden? Anders gefragt: Wenn Auschwitz das Kriterium für die von diesen Autoren vorgenommene Unterscheidung des Antisemitismus von Islamfeindschaft abgibt, müsste nicht ebendieses Kriterium als Unterscheidungsmerkmal zwischen dem abendländischen Antisemitismus und der Zionismus- bzw. Israelfeindschaft vieler in der islamischen Welt herangezogen werden? Die Antwort darauf tangiert ein weit verbreitetes, dafür umso effektiverer kaschiertes Missverständnis: Das was sich in der arabischen Welt heute an antisemitischen Strukturen gebildet hat, hat mit dem abendländischen Judenhass und mit dem sich in seiner Folge bildenden modernen Antisemitismus nichts zu tun; vielmehr wurzelt es in dem seit über ein Jahrhundert ausgetragenen Konflikt in und um Palästina, der im Laufe der Jahre zum so genannten Nahostkonflikt gereift ist.“ Zuckermann übersieht dabei, neben vielen weiteren Unterschieden, dass antisemitische Verschwörungstheorien ausschließlich aus kranken Hirnen entstanden sind und entstehen, während Verschwörungen im Bereich des radikalen Islam tatsächlich bestehen.  Von den Terroranschlägen islamischer Terroristen, von den islamischen Ehrenmorden, von islamischen Kinderehen, über Steinigungen von Ehebrecherinnen, vom Aufhängen von Homosexuellen im Iran hat Zuckermann offenbar noch nichts gehört oder er verdrängt es. Diesen realen islamischen „Begebenheiten“ wäre noch der Umgang mit den eigenen Dissidenten wie beispielsweise  Salman Rushdie, Ayaan Hirsi Ali hinzuzufügen. Aber diese „Dinge“ blendet der „Dialektiker“ aus. Im Kapitel „Ausufernde Hysterie“  rechtfertigt Zuckermann die Verhinderung von Claude Lanzmanns Film „Warum Israel“. Laut Zuckermann „ist es schlimm genug“, dass die Palästinenser nicht in dem Film vorkommen, „es ist aber nicht das einzige Manko des Films.“ Immerhin empfindet Zuckermann Lanzmanns Film „Shoa“ als Meisterwerk. Klar in dem Film geht es in erster Linie um die toten Juden, für die überlebenden Juden hat er scheinbar weniger übrig. Andererseits schreibt Zuckermann ein paar Zeilen weiter über Lanzmann: “Er, gerade, er erwies sich als ein schäbiger Banalisierer der Shoah, als er die Lage die Lage der souveränen israelischen Regierung  mit der Lage der Judenräte im Ausnahmezustand und Israels wie immer diffizile Situation der von europäischen Juden im Jahre 1940, „ als sich alle Grenzen Europas schlossen“, gleich setzte.“ Am Ende des Kapitels „Nachträge“ schreibt Zuckermann: “Man kann in der Tat nur müde lächeln, wenn ein Broder, ein Weinthal oder ein Süsskind meinen, Uri Avnery, Felicia Langer oder jedem anderen Israeli  ihres Kalibers, die für Israels Anstand und Moralität lebensgeschichtlich unendlich mehr getan haben, als was ihre deutsch-jüdischen Besudler je für Israels „Sicherheit“ phantasiert haben „Selbsthass“ vorwerfen dürfen.“ Felicia Langer hat beispielsweise die antisemitische Hetzrede von Ahmadinejad bei der Durban-Konferenz,  „als einen Beitrag zum Frieden gelobt“, mit Zitaten wie  „Israel allein fördert den Antisemitismus in der ganzen Welt!” oder „Der israelische Abzug aus Gaza war reine Propaganda!” eindrucksvoll ihren Antisemitismus belegt. Wenn Zuckermann Langers Antisemitismus mit dem Wort Moralität positiv in Zusammenhang bringt, desavouiert er sich aufs Neue. Gegen Ende seines Buches schreibt Zuckermann über das „falsche israelische Bewusstsein:“ Mag der sich selbst zersetzende  Judenstaat zugrunde gehen – Hauptsache, es wird dabei noch kräftig “Terror“ gebrüllt. Das gesamte zionistische Projekt kann kollabieren – wenn dabei nur „Antisemitismus“ gekreischt werden darf.“

In einem Interview mit Radio Dreyeckland meinte Zuckermann, dass im israelischen Staat die „Faschisierung“ voranschreite und was dort geschehe mit nichts dem nachstehe was in Deutschland 1933 gang und gäbe gewesen ist. In Israel sei laut Zuckermann die Rassenbiologie ungebremst auf dem Vormarsch und der arabische Antisemitismus sei von Israel selbst verursacht. Zuckermann vergleicht also die funktionierende Demokratie Israel mit dem Hitlerdeutschland von 1933. Dass Zuckermann, Finkelstein und Co. entweder in rechtsradikalen oder nationalbolschewistischen Medien, wie „Muslimmarkt“, „Junge Welt“ oder „der Freitag“  publizieren ist konsequent. Hermann L. Gremliza schrieb an Mosche Zuckermann bezüglich der „Kölner Veranstaltung“ im Jahre 2005: „ …was keiner, ob Freund oder Feind, mit mir anstellen wird: mich dazu kriegen, gegenüber Antisemiten, zumal deutschen – in jedwedem Zusammenhang, und speziell in einem Israel betreffenden -, ein Auge zuzudrücken.“

Dass die Linke in Israel marginalisiert ist verwundert nicht, wenn man die Thesen von Moshe Zuckermann betrachtet. Zuckermann und seine deutschen Friedensfreunde verkennen die ideologischen Gründe für die Feinseligkeiten der arabischen Welt gegenüber Israel. Sie Verkennen die Veränderung des arabischen Antisemitismus während der 1930er Jahre, als Hitler anfing den Großmufti von Jerusalem, ideologisch, finanziell und militärisch für ein judenfreies Palästina zu unterstützten. Arafat war der Nachfolger von Husseini, er führte die Politik des Muftis weiter, es folgten die Verteidigungskriege Israels auf die Angriffskriege der arabischen Staaten und den Terror der Palästinenser. Israel ist kein „imperialistischer Kolonialstaat“, die Antreiber der Gewaltspirale sind die arabischen Antisemiten, mit ihren europäischen Verbündeten. Die politischen Ziele von Hamas, Hisbollah und vieler arabischen Staaten sind auf eine Elimination nicht nur Israels, sondern auch der jüdischen Bevölkerung Israels ausgerichtet. Ist es der jüdische Selbsthass, wie ihn Theodor Lessing bereits 1930 beschrieben hat, der Zuckermann, Finkelstein, Langer und Co. umtreibt, oder sind die begeisterten Leser der „Jungen Welt“, des „Freitag“, der „Nationalzeitung“ und des „Muslimmarkts“ die Motivation für ihren antiisraelischen Kampf? Oder ist es ganz einfach nur Antisemitismus mit einer gehörigen Portion tödlicher Naivität? Der israelische Historiker Yaacov Lozowick schreibt über Moshe Zuckermann:“ In einer vernünftigen Welt würde von Zuckermann niemand Notiz nehmen oder gar seiner Meinung Beachtung schenken“. Ich füge hinzu: In einer vernünftigen Welt würde von Zuckermann, Nolte, Walser, Finkelstein, Langer und „Konsorten“ niemand Notiz nehmen oder gar ihrer Meinung Beachtung schenken.

Quellen: Norman G. Finkelstein – Antisemitismus als politische Waffe
Moshe Zuckermann - „Antisemit!“
Moshe Zuckermann - Zweierlei Israel?
Yaacov Lozowick – Israels Existenzkampf- Eine moralische Verteidigung seiner Kriege

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