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Wolfgang Kraushaar, die Achtundsechziger und der Terror von München

kraushaarDie von der Frankfurter Schule inspirierte westdeutsche Studentenbewegung Ende der sechziger Jahre kritisierte und bekämpfte endlich und also zurecht die herrschenden Verhältnisse in der BRD.  Der Kampf der „Achtundsechziger“ gegen die „Generation der Täter“ des Dritten Reiches, gegen den verbrecherischen mit Napalm und Flächenbombardierungen geführten Krieg der USA in Vietnam, gegen den Muff unter den Talaren, für die Überwindung der bigotten Sexualmoral der fünfziger Jahre ist aller Ehren wert. Heutige Generationen profitieren zweifellos von den positiven gesellschaftlichen Veränderungen die von den  „Achtundsechzigern“ initiiert wurden.

Wo viel Licht ist gibt es auch Schatten. Mit den Schattenseiten der „Achtundsechziger“ beschäftigt sich seit vielen Jahren der Politikwissenschaftler Wolfgang Kraushaar vom Hamburger Institut für Sozialforschung. Wenngleich Wolfgang Kraushaar in seiner Kritik sicherlich hin und wieder überzog, so lösten seine Bücher meist kontroverse und fruchtbare Diskussionen aus. Sein dreibändiges Werk „Frankfurter Schule und Studentenbewegung“ aus dem Jahre 1998 wurde innerhalb der Linken hart und häufig undifferenziert kritisiert. Im Gegensatz zu vielen anderen konnte Günter Amendt selbstkritisch differenzieren und verteidigte Kraushaar in Konkret 07/98 gegen diverse ignorante Angriffe: „Kraushaars Buch stößt alle, die an den Auseinandersetzungen um Adorno beteiligt waren, noch einmal mit voller Wucht auf die schäbigen und beschämenden Aktionen, die diese Auseinandersetzungen begleiteten. Schäbig und beschämend deshalb, weil wir, mehr als uns bewußt war, an den Verdrängungsmechanismen unserer Eltern teilhatten. Heide Berndt weist in ihrem Beitrag zu Recht darauf hin, daß die studentische Protestgeneration die wirklich radikale Auseinandersetzung mit der Generation der leiblichen Eltern scheute. Wir haben sie geschont, weil wir es nicht ertragen hätten, in ihnen Täter zu sehen. Das hat den Blick auf die Opfer verstellt. Hätten wir verstanden, was es für einen nach Deutschland zurückgekehrten jüdischen Emigranten bedeuten muß, von deutschen Studenten unter Druck gesetzt zu werden, und sei es nur symbolisch, dann hätten wir die politisch wohl unvermeidliche Auseinandersetzung mit Adorno so nicht führen können und so nicht führen dürfen.  Kraushaars Buch ist eine echte Überraschung. Nach all den Rationalisierungen und Selbstverleugnungen, nach den vielen Verzerrungen und Verfälschungen, die das 68er-Revival in den Medien mit sich brachte, ist zuguterletzt doch noch eine Arbeit erschienen, die man getrost »in die Hand des jugendlichen Lesers« legen kann. Wer sich über die Geschichte der Studentenbewegung informieren will, von den Schlachtberichten der Veteranen aber nicht zugetextet werden möchte, hat hier eine Quelle, die ihm oder ihr erlaubt, sich selbst ein Bild zu machen.“

khMit seinem Buch „Die Bombe im jüdischen Gemeindehaus“ konnte Wolfgang Kraushaar den misslungenen Sprengstoffanschlag auf die Berliner Jüdische Gemeinde am 9. November 1969 aufklären, was der Polizei über 30 Jahre lang nicht gelingen wollte. Albert Fichter von den Tupamaros Westberlin legte im Auftrag von Dieter Kunzelmann die Bombe, die er zuvor von Peter Urbach, einem V-Mann des Verfassungsschutzes bekam.  Das ideologische Rüstzeug für den Anschlag im Jüdischen Gemeindehaus reichte der aus Bayern stammende Kunzelmann in seinem ersten „Brief aus Amman“ nach: „Palestina ist für die BRD und Europa das, was für die Amis Vietnam ist. Die Linken haben das noch nicht begriffen. Warum? Der Judenknax. ‚Wir haben 6 Millionen Juden vergast. Die Juden heißen heute Israelis. Wer den Faschismus bekämpft, ist für Israel.‘ So einfach ist das, und doch stimmt es hinten und vorne nicht. Wenn wir endlich gelernt haben, die faschistische Ideologie „Zionismus“ zu begreifen, werden wir nicht mehr zögern, unseren simplen Philosemitismus Zu ersetzen durch eindeutige Solidarität mit AL FATAH, die im Nahen Osten den Kampf gegen das Dritte Reich von Gestern und Heute und seine Folgen aufgenommen hat.“  Mit dieser Kette von Gleichsetzungen wird eine Tilgung von Schuldgefühlen vollzogen und zugleich eine neue Haltung in Position gebracht, die rückhaltlose Identifikation mit den Palästinensern um gleichzeitig einen Schlussstrich unter eine als Philosemitismus denunzierte Einstellung zu ziehen. Dieter Kunzelmann reiste mit seinen Berliner Tupamaros 1969 in die jordanischen Ausbildungslager der Fatah und forderte in seinem zweiten „Brief aus Amman“, wieder abgedruckt in der Agit 883 „die verzweifelten Todeskommandos“ der Palästinenser durch „besser organisierte zielgerichtete Kommandos zu ersetzen, die von uns selbst durchgeführt werden“. Die vermeintliche Tatenlosigkeit deutscher Linker führte Kunzelmann auf ihren „Judenknax“ zurück: „Dass die Politmasken vom Palestina-Komitee die Bombenchance nicht genutzt haben, um eine Kampagne zu starten, zeigt nur ihr rein theoretisches Verhältnis zu politischer Arbeit und die Vorherrschaft des Judenkomplexes bei allen Fragestellungen.“ Aus dem zweiten „Brief aus Amman“ stammt auch das titelgebende Zitat für Kraushaars neues Buch. In dem neuen Buch„Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel? – München 1970: Über die antisemitischen Wurzeln des deutschen Terrorismus“, das im Februar 2013 erschienen ist, beschäftigt sich Kraushaar mit dem antisemitischen Terror der deutschen Linken und den Terrorgruppen der PLO von 1970 bis 1972 in München und Umgebung. Nachfolgend der Versuch fragmentarisch die knapp 900 Seiten zusammenzufassen:

Bereits im September 1967 verabschiedete die wichtigste Organisation links von der SPD, der SDS einen strikt antizionistischen Kurs. 1969 sprengte der SDS mit palästinensischen Studenten mehrere  Vortragsveranstaltungen des israelischen Botschafters Asher Ben-Natan. Theodor W. Adorno schreibt am 19. Juni 1969 in einem Brief an seinen in San Diego lebenden Kollegen Herbert Marcuse: „Nachdem man in Frankfurt den israelischen Botschafter niedergebrüllt hat, hilft die Versicherung, das sei nicht aus Antisemitismus geschehen, und das Aufgebot irgendeines israelischen APO-Mannes nicht das mindeste […] Du müsstest nur einmal in die manisch erstarrten Augen derer sehen, die, womöglich unter Berufung auf uns selbst, ihre Wut gegen uns kehren.“

Während mehrere SDS-Gruppen 1969 von Frankfurt nach Amman fliegen um sich von der Fatah militärisch ausbilden zu lassen, kritisiert Jean Améry in der „Zeit“ die innerhalb der Neuen Linken stärker werdende antiisraelische, antisemitische Haltung. Kurz darauf wurden in Westberlin jüdische Gedenkstätten geschändet. Zu lesen sind die Worte „Schalom“, „El Fatah“ und „Napalm“. Die Buchstaben sind mit schwarzer und grüner Farbe angemalt worden, den Nationalfarben Palästinas. Nach dem Anschlag der Tupamaros West-Berlin auf das Jüdische Gemeindehaus am 9. November 1969 erhält der Vorsitzende, Heinz Galinski eine auf Band aufgenommene Drohung, nach 15 Sekunden dauernden Ticken ertönt eine Frauenstimme: „Die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus hat gezündet. Berlin dreht durch, die Linke stutzt … Springer, Senat und die Galinskis wollen uns ihren Judenknacks verkaufen. .. Bei uns ist Palästina, wir sind Fedajin. Heute Nachmittag kämpfen wir für die revolutionäre palästinensische Befreiungsfront Al-Fatah! Schlagt zu!“

München war im Februar 1970 mit 55 Toten Schauplatz und Ausgangspunkt der opferreichsten Terrorwelle die es nach dem Zweiten Weltkrieg in Mitteleuropa gegeben hat. Innerhalb von nur elf Tagen ereigneten sich in München mit zwei versuchten Flugzeugentführungen, zwei Bombenanschlägen auf Flugzeuge und einem Brandanschlag auf ein jüdisches Altenheim fünf verschiedene Terroraktionen, die allesamt antisemitisch motiviert waren.

Am 10. Februar 1970 versuchten AOLP-Kommandos der PLO in München Riem eine EL-Al-Maschine zu entführen. Kurz vor 13 Uhr entsteht ein Handgemenge, Handgranaten fliegen, Schüsse fallen. Nachdem Palästinenser eine Handgranate in eine Menge von Passagieren werfen, wirft sich der Israeli Arie Katzenstein auf die Handgranate um seinen Vater und die um ihn stehenden Menschen vor dem sicheren Tod zu bewahren und kommt dabei ums Leben. Elf weitere Passagiere und die aus Deutschland stammende israelische Schauspielerin Hanna Maron werden schwer verletzt. Um Hanna Maron das Leben zu retten müssen Ärzte in München ihr Bein amputieren. Die Terroristen werden noch am Tatort festgenommen. In einem Schreiben an die bundesdeutsche Botschaft in Amman teilt die AOLP mit, dass es sich bei dem Angriff auf die israelische Maschine am Vorlag in München-Riem um eine „legitime Kriegshandlung“ gehandelt habe. Die bundesdeutschen Behörden werden aufgefordert, den Mitgliedern des dreiköpfigen Kommandos den Kriegsgefangenenstatus zu gewähren und sie medizinisch gut zu behandeln. Der Anführer der AOLP, Issam Sartawi, erklärt in Amman die Aktion befinde sich in Einklang mit den internationalen Regeln der Kriegführung. Die israelische Fluggesellschaft sei eine „halbmilitärische Einrichtung“. Die deutschen Behörden stellten die palästinensischen Terroristen gro­tes­ker­wei­se nicht vor ein Gericht, sondern schieben die Mörder wenige Wochen später in ein ölreiches arabisches Land ab, wo sie für ihre „Heldentat“ freundlich empfangen werden.

Am 13. Februar 1970 gegen 20.45 Uhr bricht aufgrund einer Brandstiftung im Gemeindehaus der Israelitischen Kultusgemeinde München ein Feuer in der Reichenbachstraße 27 aus. Bei dem Brandanschlag werden sieben Bewohner im Alter zwischen 59 und 71 Jahren, die meisten von ihnen Holocaust-Überlebende, getötet und neun verletzt. Der Anfangsverdacht richtete sich gegen Palästinenser, Rechtsextreme oder die Tupamaros München. Wolfgang Kraushaar hat viele Indizien zusammengetragen, die für eine Täterschaft der Tupamaros oder zumindest aus ihrem Umfeld sprechen. Es spricht heute laut Staatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch sehr viel dafür, dass die “Tupamaros München” den Anschlag verübten. Ein 18-jähriger Lehrling soll den Brand gelegt haben und die sich zum Tatzeitpunkt in München aufgehaltenen Fritz Teufel und Dieter Kunzelmann waren möglicherweise beteiligt. Am 3. April 1970 wendet sich Dieter Kunzelmann in der Agit 883 in einem „Brief aus Amman“ an die radikale Linke: „Wann endlich beginnt bei Euch der organisierte Kampf gegen die heilige Kuh Israel? Wann entlasten wir das palästinensische kämpfende Volk durch praktischen Internationalismus?“ Der ehemalige RAF-Mann und spätere Kronzeuge der Staatsanwaltschaft  Gerhard Müller sagte 1976 den deutschen Behörden, er habe ein Gespräch über den Brandanschlag auf das jüdische Altenheim in München zwischen Gudrun Ensslin und Irmgard Möller, die zu den Münchner Tupamaros gehörte und Lebensgefährtin Fritz Teufels war, mitgehört.  Zu Möller soll Ensslin gesagt haben: „Diese Arschlöcher! Gut, dass diese Sache den Neo-Nazis untergeschoben wurde.“ Wolfgang Kraushaar weiß wie umstritten der Kronzeuge Müller war, aber er stellt die Frage: „Doch welchen Grund hätte Müller haben können, den Brandanschlag auf das israelitische Gemeindehaus in der Reichenbachstraße zu erwähnen? Welchen Vorteil hätte ihm das verschaffen sollen? Die in Stammheim angeklagte Ensslin kommt dabei ja eher positiv weg. Immerhin regt sie sich über den Mordanschlag noch auf, wenn auch vielleicht nur aus taktischen Gründen.“ Bis heute ist der Brandanschlag nicht aufgeklärt und so wurden die Täter nie zur Rechenschaft gezogen.

Am 17. Februar 1970 versucht ein weiteres AOLP-Kommando am Flughafen München-Riem ein israelisches Flugzeug zu entführen. Im Transitraum fallen die palästinensischen Terroristen wegen ihrer ausgebeulten Manteltaschen dem Flugkapitän auf. Die drei Männer, die neben geladenen Schusswaffen Handgranaten mit sich führen, werden daraufhin verhaftet. Auch diese palästinensischen „Freiheitskämpfer“ wurden von der Bundesregierung ohne eine Gerichtsverhandlung in ein ölreiches arabisches Land kurze Zeit später abgeschoben.

Am 21. Februar verüben in Deutschland lebende palästinensische Attentäter einen Paketbombenanschlag auf ein österreichisches Flugzeug, dass in Frankfurt am Main um 10.39 Uhr startete. Die Bombe explodiert noch im Steigflug, so dass es dem Piloten der Maschine gelingt umzukehren und am Flughafen Frankfurt ohne Verletzte notzulanden. Die nachfolgenden Ermittlungen ergaben, dass die Bombe eigentlich einer EL-Al Maschine gegolten habe die sich von Frankfurt in Richtung Tel Aviv bewegte.

Um 13.14 startete ein Flugzeug der Swissair vom Zürich in Richtung Tel Aviv. Nach sieben Minuten kommt es zu einer Explosion im Frachtraum. Das Flugzeug stürzt im Kanton Aargau, wenige hundert Meter vom schweizerischen Atomreaktor Würlingen ab. Alle neun Besatzungsmitglieder und alle 39 Passagiere kommen dabei ums Leben, darunter viele Holocaustüberlebende und der ZDF Reporter Rudolf-Walter Crisolli. Bereits am Abend übernimmt die Volksfront für die Befreiung Palästinas die Verantwortung für beide Anschläge. Die Paketbombe wurde in München Riem aufgegeben und per Flugzeug nach Zürich befördert. Der für die Explosion erforderliche Höhenmesser wurde von drei in Deutschland lebenden Palästinensern in Frankfurt gekauft. Die drei palästinensischen Täter wurden von deutschen Behörden nicht verfolgt und alle Angebote einer Mitarbeit der israelischen Regierung wurden ignoriert. Am Abend des 21. Februars folgen 250 Gegner, darunter viele Linke der israelischen Politik einem Aufruf des Palästina-Komitees und demonstrieren in München gegen einen bevorstehenden Besuch des israelischen Außenministers  Abba Eban.

teufelBedenken gegen die Austragung Olympischer Spiele sind 1972 in der Bundesrepublik aus zeithistorischen und gesellschaftskritischen Gründen,  in Teilen durchaus nachvollziehbar, insbesondere von der radikalen Linken vorgebracht worden.  Die Kritik der Kommerzialisierung  des Leistungssports, welche die Massenmedien als harmoniestiftendes Gemeinschaftserlebnis präsentierten mündete bereits im Herbst 1968 in Gründung eines Komitees zur Verhinderung der Olympischen Spiele in München. Ein Massaker an unbewaffneten und gewaltfrei demonstrieren Studenten in Mexiko, wo die nächste Olympiade stattfinden sollte war der Auslöser für das Engagement. Die unbestrittene Ikone der antiolympischen Bewegung war Fritz Teufel, der auf einem Plakat in zehntausendfacher Auflage auf einem Siegertreppchen, auf dem in Frakturschrift „München 1972“ zu lesen war posierte, womit er offenbar an das „Dritte Reich“ und die Olympiade 1936 erinnern wollte. So war es nicht verwunderlich, dass die Tupamaros um Fritz Teufel und Georg von Rauch Überlegungen zur „Sprengung“ der Olympischen Spiele in München anstellten. Wolfgang Kraushaar hält es für denkbar, dass Kunzelmann von den Tupamaros Westberlin während seiner Besuche bei Arafat und der PLO den Palästinensern den Anstoß vermittelte sich mit dem Thema Großthema Olympiade 1972 näher zu befassen. In einem 36 Seiten umfassenden Text hatte Georg von Rauch detaillierte Überlegungen zur Sprengung der Olympiade festgelegt. Die ersten Angriffe sollten bereits während der Eröffnung erfolgen: „Bei der Fahnenhissung fallen die ersten Schüsse. Wenn die Polizei schießt, schießen wir zurück. Wir haben alle Waffen.“ Danach wollte von Rauch das Olympische Dorf stürmen: „Nach dem Sturm auf das Olympische Dorf herrscht Chaos in der Stadt. Überall werden neue Kommunen gebildet.“ Die in deutschen Häfen liegenden US-Schiffe sollten in die Luft gesprengt werden. Das bayerische Landeskriminalamt hatte diese Schriften bereits am 1. März 1972 vorliegen, daraus und aus den Ereignissen vom Februar 1970 in München zog der Staat aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht die notwendigen Schlüsse.

Trotz der antisemitischen Terrorakte von 1970 wurde das Olympische Dorf in keiner Weise gegen Angriffe von Terroristen gesichert, weshalb ein Terrorkommando der Palästinenser ungehindert eindringen konnte. So ermordeten auf deutschem Boden, im September 1972  während der Olympischen Sommerspiele in München palästinensische Terroristen des „Schwarzer Septembers“ elf Sportler der israelischen Mannschaft vor und während der Geiselnahme. Israel wollte die Sportler mit einer Militäraktion befreien und bot eine geschulte Spezialeinheit für die Befreiung der Geiseln an. Das israelische Angebot wurde von Willy Brand und Hans-Dietrich Genscher kategorisch zurückgewiesen. In einer äußerst dilettantisch angelegten „Befreiungsaktion“ versuchte Polizeipräsident Schreiber mit Streifenpolizisten und fünf Scharfschützen die acht palästinensischen Terroristen auf dem Flughafen in Fürstenfeldbruck zu überwältigen. Die jüdischen Sportler befanden sich gefesselt in zwei Hubschraubern. In einen der Hubschrauber warfen die Palästinenser eine Handgranate, die Israelis im anderen Hubschrauber wurden durch Maschinengewehrsalven ermordet. Die drei überlebenden palästinensischen Mörder und Geiselnehmer wurden in Deutschland vor kein Gericht gestellt. Die Mörder wurden wenige Wochen nach der Geiselnahme  von der Deutschen Regierung, ohne Israel darüber zu informieren, gegen Passagiere und Besatzung der entführten Lufthansa-Maschine „Kiel“ ausgetauscht. Die Leichen der fünf im Feuergefecht von Fürstenfeldbruck getöteten Geiselnehmer wurden nach Libyen überführt, wo sie eine Heldenbestattung mit großen militärischen Ehren erhielten. Ulrike Meinhof 1972 schieb in ihrer Zelle: “Die Aktion des Schwarzen September war antiimperialistisch, antifaschistisch und internationalistisch.[..] Sie hat einen Mut und eine Kraft dokumentiert, die immer nur das Volk hat [..] …gegen dem seinen Wesen und seiner Tendenz nach durch und durch faschistischen Imperialismus- in welcher Charaktermaske auch immer er sich selbst am besten repräsentiert findet: Nixon, Brandt, Moshe Dayan oder Genscher, Golda Meir oder Mc Gouvern. [..]Der Tod der arabischen Genossen wiegt schwerer als der Tai-Berg. Solidarität mit dem Befreiungskampf des Palästinensischen Volkes.“

Wolfgang Kraushaar hat im Jahre 2005 innerhalb seiner Recherchen zu „Die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus“ aufgeklärt wer die Bombe 1969 legte, wer der Auftraggeber war und dass die Bombe vom deutschen Verfassungsschutz stammte. Dass dies dem deutschen Staat in dreißig Jahren nicht gelang verwundert nicht, denn das Interesse an Aufklärung war wohl wegen der peinlichen staatlichen Verstrickungen eher gering.  Die Terroranschläge von München 1970 sind eigenartigerweise aus dem Bewusstsein der Deutschen und der Medien verschwunden. Obwohl die meisten Älteren das spektakuläre Geschehen seinerzeit in den Zeitungen verfolgt haben dürften, erinnern sich heute kaum welche daran und den Jüngeren hat niemand etwas davon erzählt, kein Journalist und auch kein Lehrer. Die Mörder von München 70 und München 72 wurden kaum oder nicht verfolgt, die gefassten Mörder und Terroristen wurden ohne Gerichtsverhandlung abgeschoben und in ihren arabischen Heimatländern für ihre Mordtaten gefeiert. Die Tabuisierung, die Verdrängung und die Weigerung sich mit den Geschehnissen von München und der (eigenen) Vergangenheit auseinanderzusetzen  belegt die unheimliche Allianz von palästinensischen Terroristen, deutschen Linken und dem deutschen Staat. Die von deutschen Linken und völkisch-arabischen Nationalisten begangenen oder gepriesenen, sowie heute in linken Kreisen tabuisierten oder gerechtfertigten,  antisemitischen Terrorakte belegen zudem die ideologische Verwahrlosung dieser Kreise.

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Wolfgang Kraushaar  Die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus – Hamburger Edition – 300 Seiten – Juli 2005

Wolfgang Kraushaar   „Wann endlich beginnt bei Euch der Kampf gegen die heilige Kuh Israel?“-  München 1970: über die antisemitischen Wurzeln des deutschen Terrorismus – Rowohlt – 880 Seiten – Februar 2013

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Update 21.3.13: Wolfgang Kraushaar hat diesen Artikel auch auf seiner Homepage veröfentlicht: http://wolfgang-kraushaar.com/debatte-2-breitenberger

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